SÜDAMERIKA 2016

Anreise mit einem Containerschiff

GRANDE ANGOLA von Grimaldi Line

Gebaut 2008

Länge 211 m

Breite 32.25 m

Höchstgeschwindigkeit 19 Knoten/35 kmh

 

Lademöglichkeit: 3890 Autos und 1'360 Container.

 

6 Kabinen ohne Fenster für je 2 Passagiere, Dusche/WC, kleiner Aufenthalts- und Fitnessraum.

 

Gegessen wird in der Offiziersmesse mit dem ‚Comandante‘ und den Offizieren. Der ‚Comandante‘ begrüsst uns am Mittag immer mit „Gut morning, gut apetait!“ – was so viel heisst wie: „Guten Morgen und guten Appetit!“

 

Jeder Passagier hat pro Tag drei Getränke zur Verfügung - 1.5l Wasser, 2dl Rot- oder Weisswein, 3dl Cola oder Orangina. (Brasilianisches) Bier oder Red Label kosten zusätzlich  separat – 1 bzw. 25 Euro.

 

Das Schiff wird von einem Verbrennungs-Motor mittels einer 4m grossen Schraube angetrieben. Drei Stockwerke hoch, mit acht Zylindern (Kolben-Hub 3m) ausgestattet, verbraucht das laute Ungetüm ca. 2 Tonnen Treibstoff pro Stunde (bei 17 Knoten oder 31km/h). 2000 Tonnen davon (schwefelarmer Schiffsdiesel für die europäischen Strecken, dickes schwarzes Schweröl für die restliche Strecke) liegen seit Hamburg im Bug des Schiffes.

Das Schweröl wird in einer Zentrifuge vom Schlamm befreit, auf ca. 200 Grad aufgeheizt und dann in den Motor eingespritzt. Der Öl-Schlamm wird heute nicht mehr im Meer entsorgt. Die Hafenbehörden erwarten, dass für

jedes getankte Kilo Schweröl eine entsprechende Menge Schlamm zurückgebracht wird. Auch werden, mindestens in Europa, Abgasmessungen stichprobenweise durch Helikopter oder Drohnen durchgeführt.

Zwei grosse Kühler mit Meerwasser kühlen den motor-seitigen Wasserkreislauf. Ein siebenköpfiges Team ist für alles Technische auf dem Schiff verantwortlich (08.00-17.00 Uhr). Meerwasser wird entsalzt, gereinigt und für Duschen und WC-Spülung verwendet.

 

Zum zentimetergenauen Manövrieren im Hafen stehen elektrisch betriebene Seiten-Schrauben zur Verfügung.

Einmal im Tag werden die mächtigen Turbolader vom Russ gereinigt. Dabei wird bei Volldampf eine Chemikalie eingespritzt und mit der damit entstehenden Hitze aller Dreck zum Kamin rausgestossen – dicker schwarzer

Rauch ist das Resultat.

 

Auch auf einem Riesenfrachter wie der Grande Angola ist Seekrankheit ein Thema. Auf der Reise nach Dakar schwankt das Schiff von links nach rechts, was uns mit unseren quer zur Fahrtrichtung stehenden Betten zugutekommt. Man kann sich entweder mit den Zehen oder den Fingern oben an der Matratze, respektive unten, festklammern und rutscht dadurch nicht umher.

Bei der Atlantiküberquerung von Freetown nach Victoria schwankt das Schiff hingegen längs zur Fahrrichtung – eine unangenehme Schaukel-Bewegung, die man aber durch unterlegen von Kissen etwas mildern kann.

Mit dem Container-Schiff von Hamburg nach Tilbury

12.09.2016

So, endlich geht’s los – oder doch nicht!?
Der Agent der Reederei informiert uns, dass wir um 16.00 Uhr auf’s Schiff können und da wir noch etwas vom Hafen-Feeling mitkriegen wollen, sind wir schon um 14 Uhr da. Doch wo müssen wir uns nun melden, oder können wir einfach zum Schuppen 48 durchfahren?  Röbä fährt direkt auf die Schranke zu, wird aber sehr schnell und unfreundlich zurückgepfiffen.

 

Aus 16.00 wird 18.00 Uhr. Unsere Mitreisenden Michaela und Tobias - 36/40 J., reisen mit einem Landrover Defender 110 - treffen auch schon ein und so machen wir uns im Schatten unseres Campers - mit Blick auf die Hafeneinfahrt - gemütlich und stellen uns einmal mehr auf‘s Warten ein.

Leute kommen und gehen, schauen uns etwas fragend an bis dann einer auf uns zusteuert und uns mitteilt, dass wir nun doch erst um 21.00 Uhr aufs Schiff dürfen, die Autos aber erst morgen einfahren können.

 

Kurzum bestellen wir Pizza und das Warten geht weiter. Um 20.45 Uhr können wir endlich das Administrative abwickeln und mit einem Begleitfahrzeug bis zur Grande Angola vorfahren; ein mächtiger, eindrücklicher Kahn. Nach der Begrüssung durch den Kapitän räumen wir unsere sieben Sachen in unsere einfache aber saubere Kajüte ein und legen uns schon bald in die Kojen.

13.09.2016

Oh, war das eine Nacht! Harte Betten mit überstehendem Rahmen - dass man nicht rausfällt, wenn’s mal schaukelt - eiskalte Kabine und noch dazu etwas Nervosität….!

Nach dem Frühstück - Focaccia mit Tomatensauce, frisch gebackene Brötchen, Butter, Konfitüre, Coppa, Cornflakes, Kaffee, Tee - setzen wir uns auf‘s Dach der Brücke und schauen für die nächsten drei Stunden dem Ent- und Beladen des Schiffes zu.

Wir sind überwältigt von der Präzisionsarbeit des Kranführers. Auf den Zentimeter genau senkt er sein Greifwerkzeug, packt einen Container und setzt ihn im Bug des Schiffes ab. Im Heck werden Occasionsautos für Afrika eingeladen. Unsere eigenen zwei Fahrzeuge stehen noch neben dem Schiff und warten auf die Einfahrt.

Mittlerweile haben wir ein leckeres italienisches Mittagessen genossen - 1. Gang Spaghetti, 2. Gang Fisch, 3. Gang Fleisch mit Salat, 4. Gang eine Orange und einen Espresso.

 

Als wir unseren 3. Offizier Roberto fragen, wann das Schiff ablegt, meint er um 16.00 Uhr, wir würden es ja aber dann schon merken. He, und unsere Fahrzeuge!!!

 

Er schaut ganz verdutzt aus der Röhre und meint: “ Ach ja, die Campers … die müssen auch noch rein, aber zuletzt!? Uff!

Um 15.00 Uhr geht’s dann plötzlich schnell. Rückwärts fahren wir aufs Schiff und zurren die Fahrzeuge am Boden fest. Pünktlich um 16.00 Uhr legen wir in Hamburg ab.

Ein unbeschreibliches Gefühl, wie dieser Koloss so ruhig und leise sich Zentimeter für Zentimeter vom Kai entfernt und in die Elbe einmündet.

Als wir den ‚Welcome Point‘ bei Werde passieren, werden wir sogar noch mit der italienischen Nationalhymne verabschiedet – welch ein Gefühl! Lange bleiben wir noch auf dem Deck sitzen und geniessen einen wunderschönen Sonnenuntergang.

 

14. 09.2016

Wir überqueren die Nordsee Richtung Tilbury/England.

Was für ein Start in den Tag! Nach dem Joggen auf Deck - Röbä schwitzt unten im Fitnessraum, umgeben von altersschwachen Geräten - stehe ich an der Reling, um mich herum blaues Wasser und schäumende Wellen. Die Sonne glänzt auf der Wasseroberfläche und aus meinem iPot ertönt 'What a wonderful world' von Louis Armstrong.

 

Heute stehen noch ‚Safety-Procedures‘ auf dem Programm. Röbä freut sich schon auf die ‚Actions‘ mit Schwimmweste, Rettungsboot, Mann über Bord, etc... ! Doch leider - für ihn - entpuppt sich das Ganze als trockene Information im Gemeinschaftsraum :o(

Punkt für Punkt wird besprochen und auf einer Liste abgehakt. Aye, aye, Sir - alles verstanden!

 

16.09.2016

Im Gegensatz zur Eigner-Kabine und den Aussenkabinen - dort hat sich die Crew eingenistet - besitzt unsere Innenkabine kein Fenster. Um etwas Sonne zu tanken zieht es uns daher noch vor dem Frühstück aufs Deck. Doch heute kommen uns die Strahlen in Tropfen entgegen – es regnet. Wir sind in England und da muss das wohl so sein ;o)

 

Um 09.00 Uhr wird uns mitgeteilt, dass die Abflussrohre der Toiletten verstopft sind und wir bis auf weiteres diese nicht benutzen dürfen. Ok, ein Weilchen halten wir das schon aus! Als wir uns um 13.00 Uhr nach dem Stand der Dinge erkundigen, wird uns mit einem Lächeln und einem Schulterzucken verkündet, dass um 16.00 Uhr wieder alles ok sein müsste!!

 

Da heute schlechtes Wetter ist, schalten wir einen Waschtag ein. So weit so gut – nur der Tumbler funktioniert nicht so wie er müsste und Wäscheleinen gibt es nicht. Mit Absperrband spannen wir in unserer Kajüte, zwischen Vorhang und Schrank, eine Aufhänge-Möglichkeit – traraaa, funktioniert!

 

Mik - 68 J., mit Motorrad und Zelt - und Mike - 52 J., mit Mercedes Sprinter 4x4 - zwei neue Mitreisende nach Südamerika, treffen ein.

 

Fahrzeit Hamburg - Tilbury/Grossbritannien 26 Stunden. 

Mit dem Container-Schiff von Tilbury nach Antwerpen

16. - 20.09.2016 

Überquerung Ärmelkanal Richtung Antwerpen. 

Wir erwachen mit einem sanften Schaukeln. Oho, da scheint ja draussen was los zu sein! Doch als wir dann oben stehen, sind wir erstaunt, dass nicht höherer Wellengang herrscht. Da ich in dieser Hinsicht nicht sehr seetauglich bin, lässt das Rebellieren meines Magens auch nicht lange auf sich warten. Aber dank Sandra und Guillermo - Tochter und Schwiegersohn - sind wir medizintechnisch bestens ausgerüstet.

Leider entschliesst sich unser Koch ausgerechnet heute einen stark riechenden Fisch zuzubereiten :o(

Während alle am Tisch auf diesen Gang verzichten, scheint Röbä keine Probleme zu haben und geniesst diese Mahlzeit offensichtlich.

 

In der Einmündung Westerschelde Richtung Antwerpen wird das Wasser zum Glück wieder ruhiger und so auch mein Magen. Kurz vor dem Hafen passieren wir eine Schleuse und es fühlt sich ‚fast‘ schon an wie unsere Fahrt durch den Panamakanal ;o)

 

 

Die Überfahrt von Tilbury nach Antwerpen dauert 18 Stunden. In Antwerpen bleiben wir bis Montagabend. Langsam füllt sich nun auch unser Aufenthaltsdeck mit zahllosen Fahrzeugen. Unsere Bewegungsfreiheit wird mehr und mehr eingeschränkt. Am Schluss bleibt uns nur noch der ‚Helikopter‘-Landeplatz.

 

18.09.2016

Am Sonntag fahren Michaela, Tobias und wir mit dem Taxi nach Antwerpen rein. Wir haben Glück, denn es ist autofreier Sonntag und ein kleines Volksfest im Gange. Nach einer Woche italienischer Küche - Menüplan unverändert - geniessen wir die äusserst leckeren Moules und Frites und dazu ein kühles ‚Hoegarden‘.
Wir schlendern durch die Altstadt und schauen dem bunten Treiben der Leute zu. Später begeben wir uns mit Michaela und Tobias zum Seafarers’ Centre ‚Stella Maris‘, wo wir noch etwas am Blog arbeiten und auf den Bus zum Schiff warten.

In jedem Hafen gibt es offensichtlich ein solches Seelsorge-Zentrum, das den See-Fahrern eine Aufenthalts-möglichkeit mit Gratis-Transport vom/zum Schiff organisiert.

 

19.09.2016

Am Montag herrscht Aufbruch-Stimmung in verschiedenster Weise! Der Kapitän und der Koch werden abgelöst. Nach 5-monatigem Einsatz haben sie ihre Ferien redlich verdient. Der neue ‚Comandante‘ - höherer Rang als Kapitän - fährt schon seit drei Tagen auf dem Frachter mit und ist nicht zu überhören. Ein voluminöser lauter Italiener, der ohne Punkt und Komma spricht :o(

Beim Mittagessen fast unerträglich!
 

Der neue Koch soll fantastisch kochen, schwärmt die Crew – und Recht haben sie. Rocco hat zwar die gleichen Zutaten wie der früher Koch und auch den gleichen Speiseplan, kocht aber etwas raffinierter.


Die vier letzten Passagiere kommen an Bord – Theresa und Pierre - 67/69 J., mit einem selbstgebauten Toyota Pickup-Camper - sowie Marie Christine und Philipp - 59/59 J., mit einem Sprinter-Camper - alle aus Frankreich. Theres und Pierre haben diese Frachtschiffreise schon elfmal gemacht. So interessant die Reise auch ist, dies kann man sich nur schwer vorstellen!

 

Mit dem Containerschiff von Antwerpen nach Dakar

Golf von Biskaya

Es wurde uns schon prophezeit – und ist jetzt auch eingetroffen – die See ist wieder rauer als im Kanal. Diesmal erwischt es Röbä. Schon früh morgens versucht er seinen Magen mit einem Schluck Whisky zu besänftigen, muss dann aber später doch noch zu einer Tablette greifen.

Fisch zum Mittagessen scheint an solchen Tagen nicht sehr beliebt zu sein. Ausser Mike verzichten alle, obwohl er diesmal nicht so unangenehm riecht!

Wir verbringen den Tag fast ausschliesslich liegend in der Kajüte.

 

Küste Portugal

Kaum ist die Biskaya hinter uns, wird die See wieder ruhiger und der Wind schwächt ab. Wir haben uns mittlerweile an das konstante Wiegen des Schiffes gewöhnt. Rings um uns nur blaues Wasser, blauer Himmel und manchmal ein paar Wolken. Jetzt müsste eigentlich die Langeweile einsetzen - aber dem ist nicht so. Jeder geht irgendwelchen Beschäftigungen nach, sei es auf dem Oberdeck ‚relaxen‘, auf dem Meer Ausschau nach Walen halten, Spanisch lernen, musizieren, Fitness machen oder etwas schlafen.

Diese Tage werden meistens nur unterbrochen von den drei sehr üppigen Mahlzeiten plus unserem abendlichen GADC-Treffen (Grande Angola Drinking Cub). Die absolute Erholung :o))

 

22.09.2016

Am Donnerstag, 14.00 Uhr, heisst es Malariaprophylaxe schlucken - freiwillig - als Vorbereitung für den Landgang in Dakar und Freetown. Anschliessend dürfen wir dem Kapitän auf der Brücke über die Schulter schauen. Wir kriegen diverse Logbücher - Fracht, Navigation, Sicherheit, … - zu sehen und erhalten eine kurze Einführung in die Bedienung der Steuerpulte. Das Schiff fährt mit Autopilot und ist meistens mit 14 Knoten unterwegs. Man stelle sich vor, wir fahren mit 25 km/h nach Südamerika!!

Der ‚Look-Out‘ sitzt hier nicht mehr im Mastkorb, sondern muss inzwischen von der Brücke aus 4 Stunden den Horizont auf mögliche Gefahren absuchen. In einer Ecke der Brücke unterweisst der 1. Offizier zwei Offiziers-Kadetten in der Anwendung von Theodoliten.

 

Küste Marokko

Am Nachmittag, vis-a-vis von Casablanca, hören wir ein klatschendes Geräusch. Wir springen zur Reling – vielleicht erweist uns ein Wal wieder mal die Ehre. Wir beobachten, wie die Crew einen grossen weissen Gegenstand über die Reling ins Meer kippt. Etwas später nochmals dasselbe Geräusch. Es spricht sich rasch herum, dass dies die zwei defekten Waschmaschinen waren, die man auf diese Weise elegant entsorgt hat – ganz legal, wie die aushängende Anweisung zur Müllentsorgung zeigt!

 

24.09.2016

Küste Lanzarote und Fuerteventura

Früh um 05.30 Uhr stehen wir an der Reling und lassen die Lichter von Lanzarote an uns vorbeiziehen. Im April 2015, während unseren Ferien auf der Insel beobachteten wir die vorbeifahrenden Containerschiffe mit dem Gedanken, dass wir in ca. einem Jahr genau auf einem solchen sein würden. Und jetzt ist es soweit!

Da wir nahe an Land vorbeifahren, haben wir auch wieder einmal Verbindung ins Mobil-Netz und können schnell mit der Aussenwelt in Kontakt treten.

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26.09.2016 

Schon von weitem erhebt sich das riesige 'Monument de la Renaissance Africain' von Dakar. Der Lotse kommt an Bord. Langsam umfahren wir die ‚Ille de Gorée‘ und legen im Hafen an. Vor uns breitet sich Dakar mit all seinen Aktivitäten, Gerüchen und Stimmen aus. Der Hafen liegt direkt am Rande der Stadt und so verbringen wir die Zeit, bis alle Zollformalitäten erledigt sind, mit Erspähen von interessanten Ecken, welche wir unbedingt erkunden möchten.

Um 17 Uhr erhalten wir - Michaela, Tobias, Mike, Röbä und ich - unsere Passierscheine, melden uns bei Sonny – unserem Steward - fürs Abendessen ab, schlüpfen in die gelben Warnwesten und los geht die Tour.

 

Doch schon der Ausgang aus dem Hafen zu finden, entpuppt sich als kleines Abenteuer. Wir müssen ca. 500 Meter der Hafenmauer entlang laufen, vorbei an hupenden und mit Reis und Zwiebeln schwer beladenen

Lastwagen und Acht geben, dass wir nicht überfahren werden. Endlich draussen, eine total andere Welt, stürzen sich schon die ersten Möchte-Gern-Guides auf uns und wollen uns die Stadt zeigen. Aber das bewältigen wir heute lieber selber und so schütteln wir sie ab und laufen los.

Männer und Frauen in farbigen traditionellen Kleidern kommen uns entgegen, viele transportieren ihre Ware auf dem Kopf. Einzelne neue und viele kaputte, verrostete Autos - Grande Angola entlädt auch noch gerade ein paar hundert - verstopfen die Strassen und wir suchen uns einen Weg hindurch. Im Zentrum hat es zahllose kleine Händler, die ihre Ware anbieten. Es ist schwül und stickig, wir sind hungrig, durstig und einen ersten Eindruck haben wir gewonnen.

Im Hotel ‚Fleur de Lys‘ möchten wir uns stärken, müssen aber zuerst am Eingang einen Metall-Detektor-Check über uns ergehen lassen. Wir haben Glück und haben per Zufall eines der höheren Hotels mit Bar und Restaurant im 12. Stock ausgewählt. Die Aussicht über die Stadt ist fantastisch und der Muezzin, der zum Gebet ruft, gibt dem Ganzen noch eine extra Portion Exotik. So geniessen wir das feine Abendessen - einmal keine Pasta - und stossen mit einem Glas Sekt auf 44 Jahre Ursi und Röbä an.

 

In der Dunkelheit machen wir uns auf den Rückweg zum Hafen. Am Eingang werden wir mit Helmen ausgestattet, da das Begehen des Hafengeländes ohne nicht gestattet ist - beim Rausgehen war dies noch kein Problem!! Der Hafen-Kontrolleur meint dann noch zum Schluss, wenn wir beim Schiff angekommen sind, soll einer die Helme dann wieder zurückbringen – hm, wie soll das denn gehen?!!

 

27.09.2016

Heute wollen Röbä und ich die Stadt noch etwas genauer erkunden. Gestern hiess es, wir würden heute erst gegen Abend auslaufen. Doch beim Frühstück sieht alles wieder anders aus – typisch! Wir haben genau noch zwei Stunden Zeit. Um 11 Uhr kommt der Zoll und da müssen wir an Bord sein.

Gleiches Prozedere wie gestern und schon sind wir draussen. Wir suchen uns den kürzesten Weg zum Markt und lassen uns dann auch irgendwann einmal von einem Guide begleiten. Ich werde mehrmals unfreundlich darauf hingewiesen, dass fotografieren nicht erlaubt sei, was unser Begleiter aber immer wieder verneint – ‚Pas de probleme, Madame'!

Die alte Markt-Ruine ist heute nur noch zu einem kleinen Teil begehbar und es gibt nur noch wenige Verkaufsstände. Alle anderen Geschäfte befinden sich aussen um die Markthalle herum.

Durch weitere interessante Gassen lassen wir uns zur Kathedrale und zum Präsidentenpalast führen. Da ich dort dem Drang, ein Foto zu machen, nicht widerstehen kann - warum sollte man kein Foto von einem Präsidentenpalast machen dürfen? - werde ich von einem Polizisten auf die andere Strassenseite beordert. Unser Guide versucht zu beschwichtigen und ich nutze die Zeit, die Palastfotos auf meiner Kamera zu verstecken. Es nützt nichts, ich muss meine Kamera zeigen.

Hoffentlich werde ich jetzt nicht verhaftet und Röbä fährt alleine nach Südamerika ;o(

Ich zeige ihm ein Foto von der Kathedrale und versichere ihm, dass ich keines vom Präsidentenpalast gemacht habe und dass ich niiiiie im Sinn hatte eines zu machen ;o)

Es ist Zeit für die Rückkehr. Noch schnell einen Whisky im Supermarkt für unsere abendlichen Meetings kaufen und unseren Guide bezahlen. Er möchte gerne 20 kg Reis als Bezahlung, wir einigen uns auf 10 kg!

 

Zurück auf dem Schiff, noch keine Zollbeamten. Abfahrt ist offensichtlich erst um 17.00 Uhr und wir haben so gestresst! 

 

Fahrzeit Antwerpen - Dakar 5 ½ Tage

Mit dem Containerschiff von Dakar nach Freetown

Entlang der Küste von Senegal, Guinea-Bissau, Guinea bis nach Sierra Leone/Freetown ist das Wetter trüb und es regnet immer wieder.

 

Nachts um 03.00 Uhr erreichen wir den Warteraum (Anchorage) von Freetown, Fahrzeit Dakar - Freetown 36 Stunden.

Hier bleiben wir für die nächsten 12 Stunden. Ein ‚Helms-Man‘ schiebt Wache auf Deck und erzählt uns, dass er Ausschau nach Piraten halten muss, da es hier immer wieder zu Überfällen kommt. Trotzdem möchten wir uns Freetown anschauen gehen.

 

Bei der Einfahrt in den Hafen lichten sich die Nebelschwaden und wir sehen Freetown zum ersten Mal. Unser Landgang-Vorhaben schmilzt wie Schnee an der Sonne, denn was wir zu sehen bekommen, erschreckt uns doch etwas.

Da wo sich in anderen Länder Sonnenhungrige an der Beach bräunen, sehen wir nur Slum-Siedlungen. Dicht gedrängt, Hütte an Hütte, aus Holz-, Blech- und Plastikteilen zusammengenagelt. Um die Wellen abzuhalten, Holzstäbe längs und quer ineinander geflochten und mit Stofffetzen, Plastik und Müll abgedichtet. Überall Schweine, die nach etwas Fressbarem suchen und mittendrin Kinder die spielen. Die Stadt ist eingehüllt in Rauchschwaden von den vielen Feuerstellen - es riecht nach geräuchertem Fisch und Fleisch. Und es regnet in Strömen.

 

Am nächsten Morgen - noch während dem Frühstück - legen wir leider schon wieder ab. So mussten wir selber keine Entscheidung treffen, ob wir einen Landgang wagen oder nicht. 

Mit dem Containerschiff von Freetown nach Vitória

Beim Abendessen stellen wir fest, dass wir nun schon 17 Tage an Bord dieses Schiffes sind und dass wir ev. noch nicht einmal die Hälfte der Reise hinter uns haben. Für Einzelne ist dies eine eher erschreckende Erkenntnis, da ihnen die Ideen zur Tagesbeschäftigung langsam ausgehen.

 

Unser Tagesablauf:

08.00 Uhr aufstehen und Frühstück

09.30 Uhr Fitness/musizieren

11.00 Uhr lesen/Spanisch lernen

12.30 Uhr Mittagessen mit dem ‚Comandante‘ und den Offizieren

13.30 Uhr Siesta

15.00 Uhr lesen/Spanisch lernen/musizieren/aufs Meer starren/ Wale und Delphine suchen

18.00 Uhr Abendessen mit dem ‚Comandante‘ und den Offizieren

19.30 Uhr GADC-Meeting auf Deck 12

21.00 Uhr schlafen

 

Am 02. Oktober, 01.40 Uhr überqueren wir den Äquator und haben somit von der nördlichen in die südliche Hemisphäre und vom Herbst in den Frühling gewechselt. Die Sonne steht jetzt nicht mehr im Süden sondern im Norden und das Wasser im Lavabo dreht sich beim Abfliessen in die entgegengesetzte Richtung!

 

Am Abend feiern Crew und Passagiere die Überquerung mit einem grossen Grillfest. Auf Deck 11 ist weiss gedeckt, die grosse Tafel überquillt mit Köstlichkeiten - Paella, Riesen-Krevetten, Lamm, Poulet, Würste, Fruchtsalat, Gebäck. Eine TV-/Karaoke-Anlage plärrt brasilianische Musik-Shows dazu, die Matrosen sind begeistert von der spärlichen Bekleidung der Tänzerinnen.

Im Verlaufe des Abends werden uns vom Kommandanten Rafaele Minotauro Zertifikate überreicht, die unsere

Äquator-Überquerung dokumentieren.

 

An einem sonnigen Nachmittag hastet der 3. Offizier an unserem Sitzplatz vorbei und wirft einen rot-weissen Kanister über Bord; rasch verschwindet er aus unserem Blickfeld. Nur mit Mühe kann man dem Kunststoff-Gefäss mit blossem Auge noch folgen - ein Alarm schrillt durch das Schiff - Mann über Bord!

Erstaunlich rasch dreht sich nun unser Schiff. Die Mannschaft eilt, mit Helm und Schwimmweste ausgerüstet, zu den Rettungsbooten und hält sich für einen Einsatz bereit. Inzwischen hat sich der Frachter in einer engen Gegenbewegung auf die andere Seite gedreht und fährt dem ‚Schwimmer‘ entgegen. Nur noch mit Feldstecher erkennt man das auf den Wellen reitende Objekt. Unglaublich schnell sind wir wieder auf gleicher Höhe. Offensichtlich ist damit die Übung abgeschlossen. Der Frachter dreht sich nochmals um 180 Grad und stampft anschliessend wieder Südamerika entgegen.

 

Am 5. Tag der Atlantiküberquerung sehen wir das erste Frachtschiff und die ersten Vögel (Gannets), die uns begleiten und nach fliegenden Fischen tauchen. Jetzt haben wir es bald geschafft! Die tägliche Routine wird durch einen Waschtag unterbrochen.

 

06.10.2016

Endlich, der Wecker klingelt 05.45 Uhr, wir haben nach sechs Tagen Vitória in Südamerika erreicht! Schnell aus den Federn und auf Deck. Röbä schläft unbeeindruckt weiter. Doch welche Enttäuschung. Anstatt blaues Wasser und Sonnenschein erwartet mich Regen, graues Wasser und graue Aussicht - Röbä muss das gespürt haben.

Trotzdem lasse ich mich nicht entmutigen, setze mich auf meinen Campingstuhl und beobachte das an mir vorbeiziehende Ufer.

He, da war doch was! Tatsächlich sehe ich drei Wale, die fröhlich im Meer planschen und mir zur Begrüssung zuwinken. Wir müssen uns noch ein paar Stunden gedulden bis wir das OK zur Einfahrt in den Kanal nach Vitória erhalten. Und immer wieder heftiger Wind und starke Regengüsse.

Das Mittagessen nehmen wir hastig ein, denn wir wollen uns ja dieses Spektakel nicht entgehen lassen. Langsam fahren wir unter der ‚Ponte Deputado Darcy Castello de Mendonca‘ in den engen Kanal ein. Rechts und links mit Palmen überwachsene Felsen, dazwischen bunte Favelas. Hier soll es anscheinend von Pavianen nur so wimmeln – aber bei diesem Regen bleiben die wohl lieber unter einem schützenden Palmwedel ;o)

Nach der Ankunft müssen wir uns wieder gedulden, bis die 'Immigration' unsere Papiere stempelt und wir an Land dürfen. Schlussendlich bekommen wir gerade einmal vier Stunden ‚Freigang‘!

 

Zu viert nehmen wir ein Taxi, lassen uns in ein Shopping-Center fahren, wo wir uns mit Schoggi, Whisky, Früchten und einer Telefonkarte eindecken.

Während der ganzen Atlantiküberquerung war das Essen immer wieder ein Thema. Jeder/jede hat sich ausgemalt, was er/sie dann als erstes essen möchte, wenn es dann soweit ist. Wir haben uns sooo auf ein saftiges zartes Bife de Lomo und eine Flasche guten Rotwein gefreut. Nicht mehr diese dünnen Rinds-Schnitzel, mal so und mal so zubereitet, kein rotgefärbtes Wasser in grünen Rotwein-Flaschen.

Was wir am Ende bekommen, ist ein rundes, etwa zwei Zentimeter dickes gehacktes Rindfleisch mit Zwiebeln, Käse und Ketchup, eingeklemmt in Brot. Dazu eine Cola und Fries :o(

Das machen wir nächstes Mal besser!!

 

Atlantiküberquerung 6 Tage

Mit dem Containerschiff von Vitória über Río de Janeiro nach Santos

06. - 09.10.2016

Die Reise geht weiter. Während wir Passagiere alle im Tiefschlaf sind – ausser Mik, der geistert nachts irgendwo auf dem Deck rum – verlässt das Schiff den Hafen und der Autopilot fährt uns Richtung Río de Janeiro.

Nach 21 Stunden Fahrzeit treffen wir in der Dunkelheit ein. Wir bekommen einen First-Class Warteraum direkt vor der Copacabana und der Ipanema-Beach mit Sicht auf den Corcovado und den Zuckerhut. Wow!

Die schlechte Nachricht – die Anlegestelle im Hafen ist besetzt und wir bleiben für die nächsten 2 1/2 Tage hier im Warteraum. Río zum Greifen nahe und doch so fern :o(

 

Aber es wird einiges zur Unterhaltung geboten. Ich sitze auf Deck und lese, als ich ein mir schon bekanntes Aufplatschen auf dem Wasser vernehme. Das darf doch nicht wahr sein – jetzt schmeissen die schon wieder

eine Waschmaschine über Bord und dies vor der Copacabana. Zu meiner Überraschung entpuppt es sich als eine Schule von acht Delphinen, die sich direkt unten am Schiff vergnügen und mit ihren Hinterflossen aufs Meer schlagen. Sie bleiben uns auch die restliche Zeit treu und besuchen uns in den folgenden Tagen regelmässig.

 

Des Weiteren findet eine Rettungsboot-Aktion statt. Das erste Rettungsboot wird ins Meer gelassen und wieder raufgeholt. Ein paar kleinere Schäden, Rest ok. Das zweite Boot soll nun bemannt runtergelassen werden.

Der Security-Officer und die ‚Helmsmen‘ müssen daran glauben. Alle sind etwas nervös – für uns eher unverständlich, würde doch Röbä sofort partizipieren, wenn er dürfte. Da das Meer etwas unruhig ist, muss noch auf das OK des ‚Comandante‘ gewartet werden.

In der Zwischenzeit drehen Röbä und ich unsere Joggingrunden auf der Meerseite der Copacabana.

 

Endlich geht es los! Die Crew besteigt mit weichen Knien das Rettungsboot - einer bittet Röbä noch seiner Frau auszurichten, dass er sie liebt – schwups, sind sie unten. Doch jetzt beginnt das grosse Debakel. Der vordere Aufhängehacken löst sich überraschend und das Boot baumelt am hinteren Hacken - halb in der Luft, halb im Wasser. Über eine Stunde versucht die Mannschaft das Rettungsboot, das sich immer mehr in seinen Aufhängeseilen verheddert, zu retten. Schlussfazit der Rettungsaktion – einer hat sich im Boot übergeben, einer wollte sterben, einer war in Panik und der Security-Officer (Philippino) will den Job wechseln, weil er die ignorante Art und Weise der italienischen Crew nicht mehr erträgt.

 

Zu guter Letzt heisst es - offizielle Version - unser Koch Rocco sei krank und in ein Spital gebracht worden – inoffizielle Version – er hätte das Schiff nach einem Streit verlassen! Das kann ja noch heiter werden!!

Gekocht wird jetzt von unserem italienischen Steward Nello und dem italienischen First Officer Primo.

 

Erstes Abendessen – sehr gut – wurde noch von Rocco vorbereitet.

Erstes Frühstück – oh, da stehen Joghurt auf dem Tisch und die Brötchen sehen auch ganz anders aus! Es entpuppt sich, dass die Brötchen kaum essbar sind, da zu lange gebacken und deshalb hart :o(

Wir vermuten, die Joghurt sind eine kleine Entschuldigung.

Erstes Mittagessen - 1. Gang: Kalter Teller mit Melone, Schinken, Essiggurken, Oliven und französischem

Baguette – wo haben die jetzt das wohl her? Leider schmeckt es nach Fisch und ist kaum geniessbar.

2. Gang: Teigwaren mit Zucchetti schmecken gut. 3. Gang: Gekochte Rindsplätzli ohne Sauce, ist ungeniessbar.

 

Dem ‚Comandante‘ fehlen zum ersten Mal die Worte – es herrscht fast Totenstille im Speiseraum. Es heisst nicht umsonst, der Koch ist die wichtigste Person an Bord! Doch dies ändert sich schlagartig. Die Koch-Crew bekommt vom ‚Comandante‘ sein italienisches Brotrezept und die Brötchen sind ab jetzt ein Traum – fast schon wie Brot aus der Schweiz :o))

Alle geben sich Mühe und beraten die Köche mit verschiedenen Rezepten und die Jungs machen das wirklich sehr gut. So kommt jetzt etwas Abwechslung in den Speiseplan!

 

10.10.2016

Endlich ist es soweit und wir fahren morgens um 05.00 Uhr - vorbei am Zuckerhut - in den Hafen von Río ein. Leider bleibt uns nur wenig Zeit für einen Landgang und so beschliessen Michaela, Tobias, Röbä und ich zur

Copacabana zu fahren, Caipirinhas zu trinken und dann wieder zurück.

Zum Glück waren Röbä und ich schon in Río, sonst würde es mich schon etwas ärgern hier zu sein und doch nicht viel zu sehen. So geniessen wir zwei gemütliche Stunden am Strand, nehmen schnell Kontakt mit zuhause auf, saugen die Atmosphäre der Copacabana auf und lassen uns ein paar Caipirinhas schmecken. Einfach herrlich!!

 

Über Nacht geht die Fahrt weiter nach Santos, dem Hafen von Sao Paulo. Leider bleibt hier keine Zeit zum Rausgehen. Wir zwängen uns schnell unter Deck zwischen Lastwagen zu unserem Camper durch, um ein paar Sachen auszutauschen.

 

11.10.2016

Unser Steward Sonny verlässt uns heute. Wir sind etwas traurig, da er seinen Job exzellent gemacht hat, freuen uns aber auch für ihn, da er seine beiden Kinder (2/9) seit acht Monaten nicht mehr gesehen hat. Das Dreamteam – Michaela, Tobias, Mike, Röbä und ich – stehen auf Deck 12 Spalier und winken im nochmals zum Abschied zu.

Mit dem Containerschiff von Santos über Zárate nach Montevideo

11.10.-21.10.2016

Nun schaukeln wir schon wieder seit zwei Tagen in Richtung Zaraté/Argentinien. Richtig gelesen - haben wir auch erst kürzlich erfahren – wir machen noch eine kleine Zusatzschlaufe bevor wir dann endlich Montevideo ansteuern. Bis auf ein paar Aussetzer des Schiffmotors und einen totalen Stromausfall gibt es keine Highlights.

Da wir auch noch keinen neuen Koch bekommen haben und dem 'Ersatzkoch' Nello langsam die Ideen ausgehen, sinkt langsam unsere Stimmung.

 

Gestern Abend, 12. September, haben wir beim GADC- Meeting unser ‚Ein-Monat-auf-Schiff‘ gefeiert.

 

Neue Hiobsbotschaft – wir müssen südöstlich von Uruguay zur Einfahrt in die Meerenge des Río de la Plata, zwei Tage auf den Lotsen warten :o((

Die Ankunft in Montevideo verschiebt sich immer mehr nach hinten! Das Wetter verschlechtert sich auch zusehends und wir hocken im Moment im dichtesten Nebel.

Auch das Essen wird immer schlechter – verkohltes Brot zum Frühstück, grüne Tomaten mit Cornedbeef zum Mittagessen. Das Tischgespräch dreht sich praktisch nur noch um unsere kulinarischen Wünsche und dazwischen immer wieder die aufmunternden Worte von Röbä: „No, we won’t crack!!“

 

Gerüchte und Geschichten verbreiten sich auf unserem engen Raum extrem schnell. Mittlerweile weiss ich, weshalb wir im dichtesten Nebel vor Uruguay ohne Licht geankert haben. Wir haben uns versteckt :o))

Der ‚Comandante‘ wollte Warteraumkosten sparen. Wir wurden von der uruguayischen Küstenwache auch erst entdeckt, als der Nebel sich zu lichteten begann. So mussten wir weiter südlich doch noch einen offiziellen Warteraum vor Montevideo ansteuern und hier auf die Weiterreise nach Zaraté warten.

 

In dieser Zeit findet auf Deck 11 auch das erste Fussball Länderspiel Deutschland – Schweiz auf der Grande Angola statt. Die Schweiz gewinnt 29:24 ! Die beiden Torschützen heissen Röbä und Tobias.

 

16. 10.2016

Am Sonntag, 17.00 Uhr, geht es endlich los! Der Lotse steuert die Grande Angola auf der engen Fahrstrasse des Río de la Plata in Richtung Buenos Aires. Bevor wir aber in den Río Paraná einbiegen, gibt es noch Abendessen. Welche Farbe wird die Pasta heute Abend haben?? Schnell verdrücken wir ein paar Tomaten-Farfalle und eilen wieder auf Deck. Und was wir da zu sehen bekommen, verschlägt uns fast die Sprache! Der riesige Vollmond erhebt sich blutrot aus dem Horizont. Wow, so etwas haben wir in unserem ganzen Leben noch nicht gesehen! Am folgenden Tag lesen wir in der e-Zeitung, dass der Vollmond die kürzeste Distanz zur Erde hatte und daher 14% grösser erschien als normal.

 

Im Dunkeln gleitet unser Schiff in den engen Río Paraná ein. Nur schemenhaft können wir die Natur erahnen. Ab und zu ein schwaches Licht. Etwas unheimlich! Mir kommt das Buch ‚Heart of Darkness‘ von Joseph Conrad in den Sinn. Darin beschreibt er, wie eine Gruppe Abenteurer den Kongo-Fluss in Afrika zum ersten Mal befährt und umkommt -  wir kommen aber wieder zurück - hoffentlich!

 

Den Landgang in Zaraté benutzen wir, um wieder einmal etwas anderes zu essen, als Pasta und mit der Aussenwelt – Familie und Freunde – Kontakt aufzunehmen. Am späteren Nachmittag spazieren wir zurück zum Schiff – gerade rechtzeitig für die Tomaten-Rigatoni!

Da heute unser letzter Abend auf dem Schiff sein könnte, gibt es am GADC-Meeting die Premiere des Grande

Angola-Abschieds-Song (für Text siehe 'Dies und Das').

 

Mike kommt mit einer neuen Hiobsbotschaft. Er hat vernommen, dass wir nochmals vor Montevideo zwei Tage im Warteraum liegen, bevor wir endlich entlassen werden :o((

 

Miserables Wetter empfängt uns zurück im Río de la Plata. Es stürmt, Regen fläzt auf uns runter, es ist kalt und der Wind fegt uns fast von Deck. Vielleicht doch besser dieses miserable Wetter noch im Warteraum zu verbringen ;o)

 

21.10.2016

Endlich! Am Freitag fahren wir nach 39 Tagen und 78 Pasta-Gerichten in den Hafen von Montevideo/Uruguay ein. Rasch packen wir alles zusammen und verlassen den Frachter Richtung Zollabfertigung.

 

Reisezeit Santos - Montevideo 10 Tage

 Fazit - Mit dem Containerschiff von Hamburg nach Montevideo

 

Alles in allem war es eine sehr interessante Reise. Wir haben auf dem Schiff und an Land viel gesehen und erlebt. Wir möchten nichts missen, jedoch würden wir eine solch lange Schiffsreise – ausser es besteht keine andere Möglichkeit – nicht noch einmal machen. Die insgesamt sieben Tage in Warteräumen– vor Río de Janeiro/Brasilien, vor La Paloma/Uruguay, vor La Plata/Argentinien – haben unser Durchhaltevermögen doch arg strapaziert!

 

Während all dieser vielen amüsanten stundenlangen Gespräche haben wir viel gelacht und dabei entstanden ein paar neue Wörter und Namen, die wir, GA-Insider, benutzten und die wir gerne in Erinnerung behalten möchten.

 

  • Open-Flappen -> Nachdem Oxtail an Tomatensauce zum Abendessen serviert wurde. Alle Klappen werden ab jetzt so benannt.
  • Pinguini (shredded Penguin)-> Linguini, die unser Steward versehentlich als Pinguini serviert hat
  • Lola -> die weibliche Hälfte von Mike, die er mit hoher Stimme an den Meetings mitmachen liess
  • Scheisste -> Kraftausdruck von Mike. Wir mussten ihn aufklären, dass er das Wort falsch ausspricht und in Deutsch Sch…. heisst! Je länger die Reise dauerte, umso öfter wurde dieser neue Ausdruck auch von anderen Passagieren benutzt!!
  • Der Grieche -> Der ‚Comandante‘
  • Helium-Boy -> 3. Offizier, 25 J., 1.60m gross, hohe Stimme
  • Google -> Französische Mitreisende, die immer über alles bestens Bescheid wusste
  • Rote Zora -> Französische Mitreisende mit roten Haaren, die stundenlang das Laufband besetzte
  • Hampelmann -> Französischer Mitreisender mit entsprechenden Lauf-Bewegungen, der beim Fitness die Gewichte immer fallen liess und Kampfschreie von sich gab, wenn er diese hob, was bis in die Kabinen zu hören war. Die Kampfschreie wurden auch nach mehrmaligem Hinweis nicht leiser :o(
  • French Quarter -> Schiffsecke, wo sich gewisse französische Passagiere zum halbnackt ‚Sünnele‘ trafen.
  • Dead Flies -> Rosinen im Studentenfutter

Grande Angola Abschieds-Song, gesungen in Uruguay/Montevideo

Text, Ursi & Roby Gisler
Melodie, ‚Wir lagen vor Madagaskar‘

 

Wir lagen vor Montevideo und hatten keinen Koch an Bord.
In den Fässern da faulten die Fische und manchmal wollte einer über Bord.

 

Ahoi Pasajeros ahoi, ahoi.
Wenn Robys Schifferklavier auf der Angola ertönt
ja dann singen wir alle fröhlich mit – ej warum
weil viele Stunden und viele Tage, wir nach Uruguay geschippert sind.

 

Grüne Tomaten u. Pasta u. Pasta, u. Pasta u. Pasta u. Pasta,
u. Pasta u. Pasta u. Pasta und dazwischen etwas hartes Brot.
- Ref.
Der Steward Sonny Boy Mendoza war die gute Seele auf dem Kahn.
Doch er hatte Sehnsucht nach seinen Kindern und hat uns in Santos verlahn.
-
Ref.
Plötzlich schrie einer ‚Mann über Bord!‘ und sofort rannten alle los.
Doch die Waschmaschine war nicht mehr zu retten und so machen wir die Wäsche mit den Händen bloss.
-
Ref.
Franzosen verstecken sich hinter Autos – was die wohl bloss da machen?
Sie bräunen den Busen und das ‚Füdeli‘ und geheim bleiben all die andren Sachen.
-
Ref.
Die Michi, der Tobi und der Michel wohnen über oder neben dem Fitnessraum.
Sie können das Gestöhne nicht mehr hören und planen Anschlag mit Wein auf den Hampelmann.
-
Ref.
Die Reise ist nun zu Ende, vorbei ist die bittersüsse Zeit.
Doch dank WIFI, Satellit und Diesel bleiben wir in Touch und uns ist kein Weg zu weit.

Uruguay (21. Oktober - 10. November 2016)

Im Hafen der Hauptstadt Montevideo geht unsere Camper-Reise los. Uruguay, offiziell die República Oriental del Uruguay/Republik Östlich des Uruguay, ist das kleinste spanischsprachige Land in Südamerika. Uruguay grenzt im Norden an Brasilien, im Osten an den Atlantischen Ozean, im Süden an den Río de la Plata und im Westen (durch den Río Uruguay getrennt) an Argentinien.

Montevideo - Aguas Dulces

21.10.2016

Am Freitag, gegen Mittag, nach vielen Umarmungen und guten Wünschen, verlassen wir das Hafengelände in Montevideo - 1.5 Mio. Einwohner - und das 'Dreamteam‘ Michaela, Tobias, Mike, Ursi und Röbä nehmen je eine andere Himmelsrichtung unter die Räder. Uns zieht es als erstes zum 'Mercado del Puerto‘, wo sich ein Restaurant an das andere reiht und wir, nach fünf Wochen Fleisch wie Schuhsohle, ein saftiges Steak und Fries geniessen. Mmmhh, ist das himmlisch - das Fleisch zart und die Pommes knackig!

 

Zum Verdauen schlendern wir durch die Altstadt und betrachten die schönen aber zum Teil sehr stark, vom Zahn der Zeit, beschädigten Gebäude.

 

Der Leuchtturm von Montevideo, am Río de la Plata, wird für die nächsten drei Nächte unsere Bleibe. Zu unserer Überraschung gesellt sich Mike auch zu uns, da im Norden die Campings noch geschlossen sind.

 

Am Sonntag heisst es früh aufstehen, denn vor dem Frühstück ist Jogging an der Rambla angesagt. Anschliessend wollen wir den höchsten Punkt Montevideos - mit seiner Festungsanlage und dem Militärmuseum

General Artigas - erklimmen. Kein Problem, ist er doch nur 134 m hoch. Von oben haben wir eine schöne Sicht auf Montevideo.

Wieder zurück sind in der Zwischenzeit neue Camper angekommen. Viktor und Maria aus Neuseeland und Leonie und Jens aus Deutschland. Bis tief in die Nacht grillieren wir zusammen und hören ihren Reise-Erlebnissen zu.

24.10.2016

Am Montag ist es Zeit Montevideo zu verlassen um in La Paz Gas zu tanken. Soweit uns bekannt ist, gibt es nur drei Orte in ganz Uruguay, wo das möglich ist. Der freundliche Chef der Firma bedient uns gleich selber und aufgetankt drehen wir unseren Camper Richtung Südosten zum Camping Paraiso Suizo in der Nähe von Piriápolis.

 

Auf dem Campingplatz stehen nur Zürcher und Deutsche. Die einen – wie wir – auf dem Absprung, die anderen am Umpacken zur Verschiffung zurück nach Hamburg. Auch Michaela und Tobias sind da, denn wir feiern hier Tobias 40. Geburtstag mit einem Fondue. Am Morgen es ‚Aperöli‘, zum Znacht Weisswein und äs Kirschli und zum Anstossen noch etwas ‚Chlöpfmoscht‘ und alle singen fröhlich ‚Happy Birthday….‘! ;o))

 

Ein landesweiter, mächtiger Sturm macht uns in der Nacht das Leben schwer. Es rüttelt und schüttelt und unser Camper wird auf eine erste harte Probe gestellt. Röbä muss mitten in der Nacht raus, die Veloabdeckung retten. Schön, dass ich eine Frau bin…..!

Um 09.00 Uhr morgens öffnen wir noch verschlafen unsere Tür und da stehen Michaela und Tobias schon zur Abfahrt bereit. Die Nacht hat sie ganz schön mitgenommen in ihrem Dachzelt und da der Sturm noch den ganzen Tag anhalten soll, fliehen sie in ein Hotel. Wir möchten am Strand das tobende Meer sehen, doch weit kommen wir nicht – Wasser und Sand schleudern uns entgegen und mit zusammengekniffenen Augen retten wir uns zurück in den Camper.

29.10.2016

Am Samstag ist der Sturm vorbei und wir setzen unsere Reise fort. In Piriapolis lassen wir den ‚Platten‘ an Röbäs Bike flicken. Wir haben Glück und erwischen einen wahren Profi. Er repariert nicht nur die Löcher im Schlauch sondern ersetzt die alten Flicken und erteilt Roby auch eine 1 ½ stündige Reparaturlektion - in Spanisch - mit vielen Tipps und Tricks, und dies alles für 20 CHF.

 

Anschliessend fahren wir weiter zum mondänen Badeort Punta del Este. Dort am Hafen schauen wir den Fischern zu, wie sie ihre Fangleinen für den nächsten Tag vorbereiten und mit Fisch bestücken. Unzählige Jachten liegen hier vor Anker und es spaziert, was sehen und gesehen werden will!

Am Punto Extremo Sur - südlichster Punkt Uruguays - stellen wir unseren Camper ab für die Nacht. Eine brasilianische Familie interessiert sich sehr für unser Leben und den Camper. Sie sprechen nur Brasilianisch und kein Englisch oder Spanisch und trotzdem verstehen wir uns prächtig. Wir müssen ihnen versprechen unbedingt bei ihnen vorbei zu kommen. Wir verabschieden uns und schon stehen die nächste vor der Tür. Ein Ehepaar aus

Argentinien ist fasziniert von unserem Lebensstil. Nach einer Führung durch unser ’Haus‘ geben sie uns viele Tipps über Argentinien. Zum Abschied überreicht er uns seine Visitenkarte mit der Bitte, dass wir bei Problemen ihn unbedingt anrufen sollen. Es stellt sich heraus, dass er der Direktor der Touristikeinrichtungen bei den Iguazu-Wasserfällen ist.

 

30.-31.10.2016

Am Sonntag fahren wir weiter gegen Osten. In La Paloma treffen wir in einer Gomería einen anderen Profi. Er zeigt uns, wie man einen defekten Auto-Reifen mit einigen Schlauch-Streifen flickt. Eine Fähigkeit, auf die wir in der endlosen Argentinischen Pampa - ohne Ersatzrad - eventuell gerne zurückgreifen werden.

In einem Camping mit unzähligen Feuerstellen führen wir unseren ersten Grill – Asado – durch. Röbä muss aber noch etwas üben.

Bevor wir ins Landesinnere stechen, besuchen wir Aguas Dulces. Das malerische Fischerdorf wurde vom letzten Sturm arg in Mitleidenschaft gezogen.

Vorsorge gegen Reifenpannen (Bike oder Camper)

Profis aus Uruguay, die man bei einer Reifenpanne gerne dabei hätte.

Aguas Dulces - Nueva Helvecia

01.11.2016

Heute Dienstag ist Regen angesagt. Ausgerechnet jetzt, wo wir uns gerne in der Sierra de Carapé aufs Bike schwingen möchten. Tja, da hilft nichts, Petrus lässt sich nicht umstimmen! Kurze Planänderung - wir

fahren von Aguas Dulces nach Rocha und geniessen ein feines Mittagessen. Wir probieren die uruguayische Form eines Hamburger - Chivito, mit Rinds- anstelle von Hackplätzli, Ei und Schinken. Viiiel besser! :o))

Zum Dessert gibt‘s 'Isla flauta‘ - Merengue-Masse mit Caramelschaum und eingelegten Rosinen. Diese süssen Kalorien reichen für den Rest des Lebens!!

Trotz schlechtem Wetter zieht es uns nach Villa Serrana, ein kleines Dorf mit seinen in die Hänge gesprenkelten Häusern. Aber der Weg dorthin ist kein Zucker schlecken. Eine sehr hügelige Naturstrasse mit unzähligen tiefen Löchern und Gräben führt uns über die Cordilleren. Es regnet ohne Unterbruch. Bei einem Wendemanöver in Villa Serena passiert es dann - wir bleiben stecken! Mike würde jetzt sagen: „Scheisste!“ Alles Buddeln und Unterlegen nützt nichts, wir kommen da nicht alleine raus. Schon eilt uns eine Frau mit Gummimatten zu Hilfe - hilft leider auch nicht. So holt sie Hilfe beim Nachbarn, der uns mit seinem Pickup aus der misslichen Lage befreit. Für heute reicht es, wir bleiben wo wir sind! 

02.11.2016

Das Wetter ist immer noch trüb und nass. Auf weiteren Schlammstrassen machen wir uns auf den Weg zum Parque de Penitente mit einem 20m hoher Wasserfall. Jetzt sind wir froh, dass es regnet - so hat es wenigstens genug Wasser, um uns Schweizer ein wenig zu imponieren! ;o)

In Minas verkriechen wir uns in ein Restaurant und widmen uns in den nächsten Stunden dem Lebensmittel-Einkauf, dem Blog, den Mails und, und, und. Wir stellen fest, dass wir viel mehr Zeit für solche Dinge benötigen als gedacht.

Der Camping - etwas nördlich von Minas - soll für die nächsten zwei Nächte unser Zuhause sein, doch obwohl am Eingang steht - Abierto todo el año - ist er zu. :o((

Der Wächter lässt uns aber vor dem Tor parkieren.

 

03.11.2016

 

Heute lacht die Sonne – juhui! Unsere Wanderung auf den Cerro Arequita – 320 m hoher 'Berg‘ vulkanischen Ursprungs - mit seinen Ombú-Bäumen - Elefantenbäume - kann stattfinden. Wir quetschen uns zwischen Zäunen durch, überqueren Wiesen mit grasenden Kühen und Pferden. Vögel fliehen kreischend auf, weil wir ihren Nestern zu nahe kommen. Jetzt geht es den Cerro hoch und plötzlich stehen wir vor diesen imposanten Bäumen mit ihren Wurzeln, die an Elefantenrüssel oder –Beine erinnern. Oben auf dem Felsen angelangt haben wir eine wunderbare Sicht auf das Gebiet der Lavalleja.

04.11.2016

Juanicó, ein kleiner Ort in der Nähe von Canalones ist bekannt für seine hervorragenden Weine. In der Bodega Familia Deicas lassen wir uns nach der Führung durch das Weingut drei exzellente Weine zur Probe kredenzen. Sie schmecken uns so gut, dass wir uns entschliessen, wieder einen Weinkeller anzulegen! ;o))

 

05.11.2016

 

Welche Überraschung! In Nueva Helvecia, in Rolf Räbers Oase - sein Vater stammt aus Küssnacht am Rigi - finden wir einen idyllischen Platz zum Verweilen. Seine 'Granja Hotel Suizo' mit  25 Hektaren Land, einem einladenden Swimmingpool in gepflegter Umgebung, sind schon sehr schweizerisch - obwohl Rolf in Uruguay geboren ist. Vom nahe gelegenen Schützenhaus hören wir sogar die 300m- und 50m-Schützen (es ist Samstag!).

Fauna & Flora am Cerro Arequitas in Uruguay

Neben den Ombú-Bäumen bestaunen wir auf unserer Wanderung auf den Cerro Arequita auch die vielen bunten Vögel. Einer hat es uns ganz speziell angetan. Seine kunstvolle Behausung aus Kuh- und Pferdemist - gebaut an den unmöglichsten Orten - ist schon ein Meisterwerk. Am Abend nach dem Eindunkeln werden wir umschwirrt von hunderten von Glühwürmchen.

Nueva Helvecia - Fray Bentos an der zu Grenze Argentinien

Nachdem wir drei mehr oder weniger erholsame Tage - wenn da nicht der 'Das müssen wir noch erledigen Stress!‘ wäre - bei Rolf Räber auf der Wiese des 'Granja Hotel Suizo‘ in Nueva Helvecia verbracht haben, zieht es uns heute weiter nach Colonia del Sacramento. Den angeblich schönsten Ort in Uruguay dürfen wir uns

nicht entgehen lassen.

 

Jaaa, es hat ein paar schöne Ecken aber wir sind eher enttäuscht. Im klitzekleinen historischen Ortsteil hat man preislich das Gefühl an Zürichs Bahnhofstrasse zu sitzen und sonst, na ja….. ist halt ein Problem, wenn man an schon einiges gesehen hat! ;o(

09.11.2016

Heute Mittwoch haben wir ein gestopftes Programm. Nach dem Joggen durch Colonia fahren wir zum Parque Anchorena - Sommerresidenz des amtierenden Präsidenten Uruguays - mit seiner Vielfalt an Fauna und
Flora - 1‘300 ha gross (ein Fussballplatz ist ca. 0.7 ha gross).
Nach der Abzweigung sind wir schon mal erstaunt über die sehr schlechte Zufahrt - Ok, der Präsident wird ja wahrscheinlich mit dem Helikopter einfliegen! - Dann irgendwann nach fünf langen Kilometern die Ernüchterung, der Park ist heute geschlossen!! Alles zurück!

 

Das nächste Ziel soll eine der interessantesten Estancias des Landes sein, die Bodega Los Cerros de San Juan. Bei der Hinweistafel biegen wir in eine Naturstrasse ab, die enger und enger wird und bei der mit jedem Kilometer die Schlaglöcher tiefer werden und ein Ausweichen verunmöglichen. Plötzlich verhindern tief hängende Äste die Weiterfahrt. Röbä greift zum 'Handsägeli‘ und beginnt den 'Urwald‘ abzuarbeiten. Uff - ein paar Kratzer mehr - aber endlich sind wir da durch!!

Kaum 20m weiter stehen wir vor einer Brücke, die mit so dünnen Holzbrettern belegt ist, dass unser Camper nach einer Überfahrt befürchten muss, sein künftiges Leben als U-Boot zu fristen. Also Abbruch und alles retour! Aber das ist nicht so einfach bei diesen Löchern und kein Platz zum Wenden. Nach einer Stunde und drei Litern Schweiss ist es geschafft. Noch einmal Schwein gehabt! :o))

 

 

Die Nacht verbringen wir an der Grenze zu Argentinien in Fray Bentos, auf einer Anhöhe weit weg von jeglicher Zivilisation, mit wunderbarem Blick auf den Rio Uruguay. Die einzige Gesellschaft, die wir haben ist eine streunende Hündin. Mit ihren traurigen Augen hat sie Röbäs Herz sofort weich geklopft und so erhält sie unser ganzes Nachtessen - Älplermakkaroni, Wurst und etwas Brot - welches sie mit Hochgenuss verspeist. :o))

10.11.2016

Heute Donnerstag, bevor wir Uruguay nach 1390 km verlassen und nach Argentinien fahren, wollen wir uns das Museo Revolución Industrial in Fray Bentos - UNESCO World Heritage - ansehen. Wir bekommen einen persönlichen Führer, der uns für SFr. 6.- 1 ½ Std. die Funktion dieses höchst interessanten Industrie-Komplexes erklärt.

 

1863 gegründet, wurden hier bis ca. 1979 Boullion-Würfel produziert. Das vom Deutschen Chemiker Liebig erfundene Extraktions-Verfahren machte es möglich, dass Proteine und Vitamine von 32 kg Rindfleisch in 1 kg Konzentrat bzw. Suppenwürfel umgewandelt werden konnten.
Vor allem während den beiden Weltkriegen war diese Gewichtsreduktion sehr begehrt, konnte man doch damit die Soldaten im Feld einfacher mit den notwendigen Kalorien versorgen. So waren in Glanzzeiten
ca. 4000 Personen damit beschäftigt, bis zu 3600 Rinder pro Monat in Liebig-Würfel umzuformen. Die besten Fleisch-Stücke wurden natürlich separat nach Europa exportiert. Da in Friedenszeiten der Bedarf an Bouillon-Würfel jeweils merklich zurückging, diversifizierte man bald in die Produktion von Corned Beef. 

Argentinien (10. November - 12. Dezember 2016)

Fray Bentos/Uruguay - San Antonio de Areco/Argentinien - Tigre

11. - 12.11.2016

Nachdem die Grenzformalitäten innert 15 Minuten abgewickelt sind und wir die Brücke über den Río Uruguay passiert haben, steuern wir in Argentinien als erstes einen grossen Supermarkt an, um unserem Kühlschrank wieder etwas Leben einzuhauchen.
Jeder Grenzübergang hat es so in sich. Es dürfen keine Frischprodukte eingeführt werden und bei Kontrollen wird einem mehr oder weniger alles abgenommen – je nach momentaner Laune des Beamten.

So haben wir unsere Tommy Mayonnaise im Gasschrank versteckt, Salznüssli und Trockenfrüchte in den Safe gestopft und die letzten CH-Cornflakes in die Schmutzwäsche eingewickelt ;o))
Hätten wir uns alles schenken können, es hat ihn nicht interessiert!

 

Unser Ziel ist das jährliche Gaucho Festival in San Antonio de Areco. Doch wir schaffen es nicht mehr bis dorthin und übernachten unterwegs an einem kleinen See mit vielen Fischen, Vögeln und Moskitos.

 

Am nächsten Tag kommen wir in San Antonio de Areco an und nisten uns zwischen einem Park und der Strasse ‚gemütlich‘ ein. Plötzlich hupt es und jemand verlangt: „Documentos, por favor!“ Welche Freude, es ist Mike, der mit uns auf der Grande Angola war.

San Antonio de Areco - Gaucho Festival

11. - 13.11.2016 

Das Festival beginnt heute Freitagabend mit Asados, traditioneller Musik und Tanz. Wir bewundern die Tanzfreudigkeit der Gauchos. Hier müssen die Frauen die Männer nicht auf die Tanzbühne zerren! ;o))

 

Früh am Samstag machen wir uns bei strahlendem Sonnenschein auf zum Festplatz. Pferde werden zu hunderten abgeladen, Marktstände machen sich bereit für den Ansturm und die ersten Feuer für die Asados brennen schon. Wir bestaunen die grossen und kleinen stolzen Gauchos und Gauchas auf ihren Pferden. Das Reiten scheint für sie natürlicher zu sein als das Laufen und so beobachten wir einen kleinen Gaucho, der sich am Asado-Stand sein Grill-Sandwich holt und bezahlt und dabei den Rücken des Pferdes nie verlässt.

 

Nach dem Mittagessen beginnt das Rodeo. Wow, unglaublich wie die Gauchos auf den wilden Pferden hin und her ‚geschletzt‘ werden. Sie bleiben so lange auf dem Pferd, wie sie können oder nach einer gewissen Zeit werden sie von zwei dazu reitenden Gauchos vom Pferd gezerrt um – vermutlich – grössere Verletzungen zu

vermeiden. Mein Rücken schmerzt nur schon vom Zuschauen!!

 

Bei der nächsten Darbietung geht es darum, dass der Gaucho seine 10 bis 12 Pferde als Gruppe zusammen halten kann. Der Gaucho reitet mit seiner Gruppe verschiedene Figuren, führt die Leitstute an der Leine und die restlichen wilden Pferde folgen ihr. Das tönt noch einfach, nur sind auf dem riesigen Platz geschätzte 30 Pferdegruppen. Ein dichtes Gewirr von Pferden aber alles klappt hervorragend. Wir sind sehr beeindruckt!

Petrus war kein Gaucho! Heute Sonntag regnet es in Strömen und wir müssen unseren Schlafplatz fluchtartig verlassen oder der Schlamm wird uns für die nächsten Tage nicht mehr freilassen.

Heute ist der Tag der grossen Parade. Mit Regenschutz und Plastikschuhen machen wir uns auf, einen guten Standplatz zu sichern. Nach wenigen Minuten sind wir untendurch schon ‚pflotschnass‘! Die Strassen drohen langsam zu überschwemmen, kaum eine Menschseele auf der Strasse. Also frage ich in einem Restaurant nach

und erhalte die Information, dass alles abgesagt wurde. Qué pena! :o((

 

So suchen auch wir das Weite und fahren der Sonne Richtung Tigre entgegen.

 

Unser Camper wird 'aufgemotzt'

15.11.2016

Heute Dienstag scheint die Sonne und es ist 31° - herrlich - nur leider können wir die Wärme nicht geniessen. Wir sind hier in Tigre, um unsere Federn an der Hinterachse zu verstärken, um uns fit für Patagonien zu machen. In der Werkstatt ‚El Paraguayo‘ werden die Blattfedern demontiert, neu gebogen und mit einem zusätzlichen Blatt verstärkt. Mittels Gummi-Elementen verschaffen die Feder-Spezialisten dem Camper auch noch etwas mehr Bodenfreiheit.

Dabei fällt den Federn-Spezialisten (ich würde sie sogar als Künstler bezeichnen) auf, dass sich die Hinter-Achse durch das permanente Übergewicht bereits leicht gekrümmt hat und dadurch die Räder schräg stehen bzw. ablaufen. Daher wird morgen noch die die Achse ausgebaut, von einem Achsen-Spezialisten begradigt und verstärkt.

Tigre

16.-17.11.2016
Da heute Mittwoch und morgen Donnerstag unser 'Heim' in der Werkstatt steht, machen wir uns mit dem Bus auf ins Zentrum von Tigre. Eine Stunde lang 'fräst' der Bus durch die dicht befahrenen Strassen, als wäre der Teufel hinter ihm her!
Unversehrt angekommen, schlendern wir zum Markt 'Puerto de Frutos' und haben plötzlich das Gefühl, dass uns jemand nach China 'gebeamed' hat. Anstelle eines Früchte- und Gemüsemarktes gibt es hier Buddhas, Raucherstäbchen und viel asiatischen 'Plunder' zu kaufen!
Am Mittag möchten wir wieder einmal ein richtig gutes Steak essen aber welche Enttäuschung - das Fleisch ist zäh, wie auf der Grande Angola - und wir sind doch hier in Argentinien!!

Mit dem Bus geht es wieder zurück zur Werkstatt, wo wir diese Nacht schlafen werden - denn ohne Hinterräder kommen wir nicht weit!

Unsere Waschmaschine ‚Lavadorita‘

Nachdem wir jeweils mehrere Stunden investieren mussten, um eine Wäscherei zu finden, die Wäsche abzuliefern und wieder abzuholen, haben wir uns entschlossen, eine eigene Waschmaschine zu kaufen. Wir erstehen unsere ‚Lavadorita‘ in einem ‚All Plasticos‘- Geschäft in Tigre/Argentinien. 

 

Typ:                                       Rüttelbox

Füllmenge:                           2 kg

Waschprogramm:              Schongang und Hauptwaschgang – kein Spülgang und kein Auswringen

Temperatur:                        kalt bis 60°

Waschdauer:                      1 Fahrtag über Naturstrasse (jedes Loch in der Strasse ist willkommen)

Preis:                                    SFr. 12.-

 

Da Ursi ihre seidene Unterwäsche zu Hause gelassen hat, werden wir den Schongang (Lavadorita unmittelbar hinter Beifahrersitz) vermutlich sehr selten benutzen.
Der Hauptwaschgang (Keller, hinten rechts) hingegen ist sehr effektiv, vor allem beim Fahren auf Naturstrassen. Zurzeit bin ich auf der Suche nach einem Trockner, so dass ich diese mir übertragene Hausarbeit auch bald weitergeben kann. ;o))

Tigre - Azul - Sierra de la Ventana

18.-19.11.2016

Endlich ist unser Camper wieder fit ‚to hit the road‘! Wir nehmen heute Freitag die 500 km gegen Süden in Angriff. Unser Ziel ist die Sierra de la Ventana um dort zu wandern und zu biken. 

Mit 90 km/h tuckern wir gemütlich durch die ‚Pampa Húmeda‘. Die Landschaft verändert sich schnell - wenige Häuser - keine Hügel - riesige Felder, die bis zum Horizont reichen - grosse Rinderherden.

Obwohl diese Strasse in einem guten Zustand ist, muss der Fahrer immer sehr konzentriert ein wachsames Auge auf die fast unsichtbaren aber tiefen Löcher in der Strasse halten - das heisst, Fahrerwechsel jede Stunde.

Um die Zeit etwas zu verkürzen lernen wir zusammen Spanischwörtli ;o))

 

Heute Samstag, nach einer langen Fahrt, treffen wir in der Sierra de la Ventana ein. Die Campingplatz-Suche gestaltet sich sehr schwierig und wir kurven 2 ½ Stunden in der Gegend herum, bis wir etwas finden.

In der Sierra de la Ventana

20.11.2016
Es ist Sonntag, 05:00 Uhr – es trommelt auf unser Dach – oh weh, Regen! Röbä muss wieder einmal aufstehen und unsere Stühle ins Trockene bringen!
Wieder im Warmen gibt es noch einmal eine Mütze voll Schlaf und als wir um 08:00 Uhr erwachen ist das Wetter bereits wieder besser. Unsere Wanderung auf den Cerro Bahía Blanca kann stattfinden.

Mit den Bikes fahren die 12 km durch die Sierra de la Ventana bis zur Ranger-Station des ‚Parque Provincial Ernesto Tornquist‘.
Dort müssen wir uns einschreiben, Eintritt bezahlen und eine Telefonnummer hinterlegen. Für den Fall, dass wir von der Wanderung nicht zurückkämen und telefonisch nicht erreichbar wären, würden sie eine Suchaktion starten.

Jetzt könnte man denken, wir möchten eine argentinische Art von Matterhorn besteigen – weit gefehlt! Der Cerro ist 739 Meter hoch und wir starten auf 400 m.ü.M – also nur eine leichte Einwärmübung für uns Schweizer aber für die ost-argentinischen Flachländer eine eher anstrengende Sache ;o))
Übrigens ist diese Wanderung die Einzige, die man ohne 'Bergführer' machen kann und der höchste Hügel ist nur gerade 1200 m hoch!!

Kaum sind wir auf dem ersten Plateau angekommen, traue ich meinen Augen kaum. Röbä wäre doch um ein Haar auf eine Tarantel gestanden! Zum ersten Mal sehen wir eine solche Spinne in der freien Natur – ein spezielles Erlebnis. Ab jetzt wird besser geschaut wo wir hintreten :o))
Nach 50 Minuten erreichen wir den ‚Gipfel‘.

Fauna und Flora um den Cerro Bahía Blanca

Beim Wandern läuft uns dieses Prachtexemplar einer Vogelspinne buchstäblich über den Weg!

Frucht- und Fleisch-Kontrollen in Argentinien

22.11.2016

Heute Dienstag nehmen wir die 310 km nach Balneario El Condor in Angriff. Kaum haben wir die Stadt Bahía Blanca verlassen, müssen wir unsere ersten Frucht- und Fleischkontrollen passieren. Mit diesen Kontrollen wird versucht, den Süden von Argentinien von der Maul- und Klauenseuche sowie von Fruchtfliegen frei zu halten.

 

Der Kontrolleur fragt uns nach mitgebrachten Früchten. Unsere Orangen haben wir vorsichtshalber zu Saft verarbeitet und da Bananen kein Problem sind, gibt es nichts zu beanstanden. Wir müssen 70 Pesos (SFr 4.50) für die Desinfektion unseres Campers bezahlen und werden zur Weiterfahrt durch die Sprüh-Anlage entlassen. Aber Pech, die Anlage funktioniert nicht und so nehmen wir noch ein paar Fruchtfliegen und Bakterien mit in den Süden! ;o))

 

Kaum 50 km weiter südlich unsere erste Fleischkontrolle. Dieser Herr steuert sehr freundlich aber zielstrebig auf unseren Kühlschrank zu. Auf unseren vakuum-verpackten Würsten klebt glücklicherweise ein Logo, das die Mitnahme erlaubt – haben wir nicht gewusst. Im Eisfach findet er aber auch unsere zwei Schweins-Koteletten. Mit enttäuschtem Gesicht erkläre ich ihm, dass dies unser Abendessen wäre. Darauf meint er, ich könne sie hier und jetzt braten und dann sei alles in Ordnung. Gesagt getan, ich schmeisse die tief-gefrorenen Fleischstücke in die Pfanne und wenig später schwebt ein angenehmer Geruch von gebratenem Fleisch durch die Kontroll-Station. Nach einem kritischen Blick in die Bratpfanne dürfen wir auch hier passieren!!

Balneario El Condor, Felsen-Sittiche

23.11.2016

Es ist Mittwochmorgen und Röbä nimmt unsere Bikes vom Camper runter. Einmal mehr müssen sie zuerst ordentlich gereinigt werden, denn auf den staubigen Naturstrassen ist auch unsere Abdeckung kein genügender Schutz.

Wir steuern in Richtung Strand, denn wir wollen eine der weltweit grössten Ansiedlungen von Felsensittichen sehen. Diese putzigen Papageien kommen nur im südlichen Argentinien, in Chile und in Uruguay vor. Die Sandsteinklippen sind durchlöchert wie ein Schweizer Emmentaler mit dem Unterschied, dass hier die Löcher bis zu 3 Meter tief sind.

Der Felsensittich erreicht eine Gesamtgrösse von 45 cm und kann bis zu 30 Jahre alt werden. Ein Paar bleibt ein Leben lang zusammen. Das Weibchen legt 2-3 Eier, die Küken schlüpfen im November.

Wir fahren unterhalb der Klippen ca. 10 km den Strand entlang - über uns das Geschrei hunderter, ja tausender dieser Vögel. Das Meer wird immer wilder und obwohl kein Ende der Klippen in Sicht ist, entschliessen wir uns zur Umkehr. Wir möchten nicht von der einsetzenden Flut überrascht werden und eine Nacht in den Klippen mit den Papageien verbringen ;o))

Um Mitternacht bestaunen wir zusammen mit unseren lokalen Gastgebern den nächtlichen Treffpunkt unzähliger Felsensittiche. Sie hocken auf allen Bäumen und Kabeln und veranstalten mitten in der Kleinstadt ein kakophonisches Konzert! :o))

Balneario El Condor – La Loberia – Las Grutas

24. – 25.11.2016

Es ist Donnerstag und wir möchten heute auf der Ruta 1 den Dünen entlang von Balneario El Condor bis nach Las Grutas fahren. Da es laut Karte eine Naturstrasse ist, erkundigen wir uns nach ihrem Zustand und ob das Befahren mit einem Camper möglich ist. „Alles ok – Strasse vor Kurzem befreit von Sand!“, lautet die Antwort.

 

Als erstes besuchen wir das Natur-Reservat Punta Bermeja mit unzähligen Seelöwen. Bis zum Reservat ist die Strasse geteert und schön zu befahren, doch ab jetzt ist für die nächsten 150 km Naturstrasse angesagt. Halleluja - jetzt geht die Post ab! Es rüttelt, schlägt und klottert was das Zeug hält. Es fühlt sich an, als ob unter den Reifen Waschbretter als Strassenbelag verlegt worden wären. Dazwischen immer wieder Löcher und Sandverwehungen. Die einzige, die diese Reise wirklich geniesst, ist unsere ‚Lavadorita‘ in der Garage! ;o))

 

Die Dünen werden immer höher und verbreiten sich mehr und mehr, verschlingen Häuser und erobern Ortsgebiete wieder zurück. Und dann passiert es – 17.00 Uhr, eine Sanddüne versperrt uns den Weg und wir bleiben darin stecken! Keine fünf Minuten vergehen und schon stehen die Männer der ‚Vialidad Rionegrina‘ – Strassenarbeiter - neben uns. Sie erklären, dass sie die Arbeit eben nur bis hierher geschafft hätten und beraten sich, wie sie uns

jetzt helfen könnten.
Derweil kommen die Australier mit ihrem 4x4 Land Rover Defender angefahren und zupfen uns zweimal aus der Misere (nun steht es 2:1 für Röbä). Da es aber in den nächsten zehn Kilometern noch drei weitere umgeräumte Stellen zu passieren gibt, bekommen wir Begleitschutz. :o))

 

La Loberia, Seelöwen-Kolonie

24.11.2016

Das Natur-Reservat Punta Bermeja erstreckt sich über 14 km der Küste entlang. Hier leben das ganze Jahr über 2000 bis 7500 Seelöwen - eine der weltweit grössten Kolonien. Je nach Saison halten sich hier auch See-Elefanten, Delfine und Wale auf. Die Orkas treffen im März hier ein, da um diese Zeit die jungen Seelöwen zum ersten Mal ins Wasser gehen.

Schon auf dem Parkplatz, hoch oben auf den Klippen, kann man sie riechen!

Auf der Aussichtsplattform bewundern wir die tief unter uns liegende Kolonie per Fernglas. Die Männchen tragen eine Mähne wie Löwen, sind durchschnittlich 3m lang und wiegen 350kg. Jedes Männchen hat ein Harem von ca. zehn Weibchen. Diese sind durchschnittlich 2.2m lang und wiegen 150kg. Die Tiere können bis zu 20 Jahre alt werden.

Peninsula Valdes

27.-29.11.2016

Heute Sonntag haben wir die 320 km entfernte Peninsula Valdes zum Ziel.
Auf der endlos geraden Strasse überqueren wir die Sierra Grande mit ihren - für diese flache Ebene - doch sehr eindrücklichen Berge.
Bei der Grenze der Prefectura Río Negro nach Chubut passieren wir die Fleischkontrolle und werden durchgewunken. Niemand interessiert es, wie es unserem Rindsfilet im Kühlschrank geht! ;o))

 

Der Eintritt auf die Peninsula Valdes kostet umgerechnet SFr. 45.-. Ausgerüstet mit Informationen über das 3‘625 m2 grosse Naturschutzgebiet - das seit 1999 zum UNESCO Welterbe gehört - und einer Liste mit Verhaltensregeln, beginnt unsere Entdeckungsreise. 

 

 

Weit kommen wir heute nicht mehr. In Puerto Piramides – dem einzigen Ort auf dieser Halbinsel – beschliessen wir den Abend auf dem Camping mit Spaghetti Carbonara und der letzten Flasche guten Malbec aus Uruguay. Guter Wein ist in Argentinien so teuer wie in der Schweiz, was uns etwas überrascht hat.

 

Am Montag heisst es früh aufstehen, denn wir wollen mindestens die nördliche Hälfte der Halbinsel befahren. Von Puerto Piramides bis Punta Norte sind es 80 km Naturstrasse, die man mit max. 60km/h befahren darf. Die Halbinsel ist eine trockene Steppenlandschaft mit kniehohen Sträuchern und dürren Grasbüscheln. Es gibt ein paar wenige Estancias/Bauernhöfe, die sich Kühe oder Schafe halten.

Nach der ersten halben Stunde macht sich bei mir die Enttäuschung breit, denn wir haben ausser zwei herzigen ‚Kälbli‘ noch keine anderen Zwei- oder Vierbeiner gesehen. Doch plötzlich vor uns eine Herde Guanakos, die uns gleichgültig beobachten.

Die Seeelefanten Kolonie am Punta Norte hat eine sehr bescheidene Grösse und Orkas und Wale bekommen wir keine zu sehen. So beobachten wir interessiert die Macho-Kämpfe der Seeelefanten-Männchen, die sehr aggressiv ihre Harems verteidigen.

Die nächsten 50 km führen uns dann zu den Magellan-Pinguinen. Auch hier nur eine gute Handvoll. Aber putzig sind diese Kerlchen schon :o)) Sie lassen sich von nichts und niemandem stören und stehen da, als wären sie für den heutigen Tag als Fotomodelle abkommandiert worden.

 

Auf der 75 km langen Rückfahrt begegnen uns noch eine Nandu-Familie und weitere Guanakos.
Wir Campen vor den zwei Sandstein-Pyramiden in Puerto Piramides und geniessen den schönen Sonnenuntergang. 

Puerto Madryn - Trelew - Punta Tombo - Cabo Raso

29.11.-1.12.2016

Heute Dienstag zieht es uns nach Puerto Madryn, einer der letzten grösseren Orte vor Ushuaia.
Von einem Hochplateau haben wir eine herrliche Sicht runter auf die Stadt. Im Hafen liegt ein grosses

Kreuzfahrtschiff und die Stadt ist voller Touristen.
Wir steuern den ‚Beautysalon‘ für unseren Camper an, denn er soll heute Gummikotflügel bekommen, damit die

Steine auf den Naturstrassen nicht mehr ein so arg lautes Konzert veranstalten können. Nach getaner Arbeit – hat 1 ½ Tage gedauert – ein kühles Bier am Strand und ein herrlicher Sonnenuntergang .

1.12.2016
In Trelew besuchen wir das Museo Paleontológico Egidio Feruglio - Dinosauriermuseum. Sehr beeindruckend, wenn man als kleines Menschchen neben diesen Riesen steht!  

 

 

 

Zum Übernachten fahren wir in den walisischen Ort Gaiman. Welche Überraschung, wir treffen hier auf ‚Samichlaus‘, der noch mit seinem Motorrad in Argentinien unterwegs ist! :o))
Es ist David aus Alaska, aus dem Ort Northpole – und er sieht ‚Samichlaus‘ wirklich ähnlich.
Ich habe, nachdem Gregory (unser Enkel) ihn auf dem Foto sofort erkannt hat, David daran erinnert, dass er am 6. Dezember in der Schweiz erwartet wird! ;o))

2.12.2016

Heute Freitag geht's nach Punta Tombo. Marco aus Zürich, den wir gestern im Museum getroffen haben und der per Bus und Autostopp unterwegs ist, nehmen wir mit auf diese Fahrt.

Das Naturschutzgebiet Punta Tombo beheimatet die grösste Magellan-Pinguinkolonie in Südamerika - ca. 500‘000 Tiere. Die Pinguine kommen hierher, um zwischen September und März zu brüten. Wir haben Glück, in den Bodenhöhlen, die sich die Pinguine als Nester graben, sind schon einige Babys geschlüpft. Zwei Stunden spazieren wir durch die Anlage und beobachten die Pinguine bei ihren täglichen Ritualen.

Mittlerweile ist es schon fünf Uhr abends und wir haben noch keine Bleibe für die Nacht. Also entschliessen wir uns auf der Naturstrasse Ruta 1 ins 80 km entfernte Cabo Raso zu fahren und Marco nehmen wir gleich mit.
In Cabo Raso - im Refugio Natural El Cabo - empfängt uns Eduardo. 
Seit dem Bau der Ruta 3 fahren hier nur noch sehr selten Autos durch und so ist Eduardo mittlerweile der einzige Einwohner dieses Ortes.

In dieser Idylle, direkt am Meer, hat er sich ein kleines Paradies geschaffen. Es gibt drei Gästezimmer, zwei Cabanas und ein kleines gemütliches Restaurant.

Es gibt kein Telefon, kein Internet, nichts ausser Natur, Ruhe und Erholung. Und so lauschen wir dem Wind und dem Rauschen des Meeres und ab und zu dem Bellen seiner zwei Hunde.

Da es schon etwas spät ist, lassen wir uns von Eduardo bekochen.
Es gibt Guanako-Steak mit Butterkartoffeln, dazu der passende Wein aus dem windigen Patagonien. Wir sind sehr gespannt auf das Steak, denn Guanako bekommt man hier eigentlich nicht, da die Argentinier dieses Tier nicht essen.
Das Steak ist suuuuper lecker!

3.12.2016

Eduardo erklärt uns heute Samstag den Weg zu den Seelöwen, die man hier, fern ab von Touristenströmen, in der freien Natur beobachten kann.
Mit den Bikes fahren wir über den Strand und über die Pampa Richtung Seelöwen und geniessen die Natur und die Stille. Am Strand finden wir riesige Muschelschalenbänke und ein havariertes Schiff. In der Pampa grasen Schafe und dann und wann huscht ein Hase vorbei.
Leider entdecke ich einen Dornenbusch zu spät und schon ist bei mir am Vorderreifen die Luft weg. So ist Schlauch wechseln angesagt.

Endlich kommen wir bei den Seelöwen an. Wir schleichen uns so nahe heran wie nur möglich, sofort sind alle Tiere wachsam. Ganz sachte robben wir uns Schritt für Schritt näher. Einige fliehen, die Mutigen beobachten uns und warten ab, was da noch passiert. Und so können wir bis zu sechs Meter an sie heran schleichen und geniessen diesen wunderbaren Moment!

Cabo Raso – Rada Tilly – Bosque Petrificado – Puerto San Julian – Río Gallego

5.12.2016

Heute Montag früh um 5.30 Uhr werden wir vom Regen geweckt. Da vorwärts wie rückwärts 80 km Sandpiste auf uns warten, entschliessen wir uns das Weite – respektive die geteerte Ruta 3 – so schnell als möglich anzusteuern.
Endlich geschafft – die letzten 80 km fühlten sich an wie auf vereisten Schweizer Strassen.


Nun sind es 205 schnurgerade Kilometer bis Rada Tilly. Die Landschaft wird immer karger und ausser ein paar kniehohen Sträuchern und gelben Blumenbüschen wächst hier nichts. In diesen einsamen Ebenen sehen wir auch nur noch Guanakos und vereinzelte kleinere Schafherden.


Comodo Rivadavia – eine Oelstadt – lassen wir hinter uns und fahren ins benachbarte Rada Tilly mit seinem grossen Sandstrand, welcher von zwei riesigen Kliffs aus gepresstem Sand eingerahmt ist.

7.12.2016

Heute wollen wir zum Bosque Petrificado - versteinerter Wald - fahren. Wieder gilt es 240 km auf der Ruta 3 plus 70 km Naturstrasse zu bewältigen. Als einzige Unterbrechung passieren wir Caleta Olivia – eine Oelstadt. Ausserhalb stehen verstreut Oelpumpen, die das schwarze Gold zu Tage befördern.

Nun beginnt wieder der anstrengendere Teil des heutigen Tages. Nach der Abzweigung zum Bosque Petrificado  nur noch Rüttelstrasse mit vielen Steinen und Löchern.  Aber die Landschaft ist atemberaubend! Sie gleicht mehr und mehr einer Mondlandschaft.

Nach 30km sehe ich in der Ferne etwas leuchtend Rotes am Wegesrand. Es ist Marco, mit dem wir ein paar Tage in Cabo Raso verbrachten und der hier per Anhalter zum Bosque möchte :o)) Schön Schwein, denn es gibt ausserhalb der Feriensaison nur wenige Touristen, die diese Strecke fahren!

 

Vor 150 Millionen Jahren gab es grosse Vulkanausbrüche, die die gigantischen, inzwischen ausgestorbenen Aurakarien–Bäume - bis zu 100 Meter hoch und bis zu 1000 Jahre alt - umwarfen und mit Asche zudeckten. Wind und Regenwasser, zusammen mit den Mineralien der Vulkanasche, führten zur Versteinerung der Baumstämme. Durch Erosion kamen diese versteinerten Gehölze wieder ans Tageslicht.


Auf einem geführten Weg durch das Naturschutzgebiet können wir kleinere und grössere versteinerte Holzstämme bewundern. Zum Teil sehen diese aus wie frisch gefälltes Holz und man kann sogar die Jahresringe und Astlöcher noch gut erkennen.

8.-9.12.2016

Zwei Nächte bleiben wir in Puerto San Juan, nicht weil es so toll ist, sondern einfach wieder einmal zum Entschleunigen! Wir merken wie der Reisestress – viele haben nur 6 bis 12 Monate Zeit für ganz Amerikas – uns ab und zu mitreisst.
Ausser, dass Magellans Expeditions-Schiffe im Winter 1520 hier Pause machten, gibt es nichts Nennenswertes zu berichten. So geniessen wir wieder einmal ein saftiges, von Asadomeister Robert gegrilltes, T-Bone Steak.

10.-11.12.2016

Heute Samstag ist es kalt und windig. Trotzdem möchten wir im 180 km entfernte Monte León die speziellen Küstenformationen sehen.

 

Doch zuerst geht es zum Einkaufen. Alles Notwendige ist im Einkaufswagen, doch alle Kassen haben genau

jetzt keinen Zugang zum Bezahlen mit Kredit- oder Debitkarten. So stehen alle Kassen still und die Leute lassen ihre Wagen stehen und verlassen unverrichteter Dinge den Supermarkt. So auch wir :o((

 

Wieder einmal geht es einfach schnurgerade bis zum nächsten Dorf - 118 km entfernt - wo wir erneut einkaufen wollen.

Im grossen Supermarkt ist alles dunkel, aber die Türen sind offen. Man erklärt uns, dass sie Stromausfall hätten, aber wir trotzdem einkaufen können! So laufen wir mit der Taschenlampe durch die Regale und suchen das Nötigste zusammen.


Leider müssen wir auf Monte León verzichten, da wegen des Regens die Strasse zurzeit für uns unpassierbar ist. Also nochmals 200 km gerade aus bis Río Gallegos.

 

Dort begrüsst man uns mit einer Strassenlaternen-Allee! Die letzten 25 km bis zum Zentrum sind mit – wir haben ausgerechnet – 1000 Laternenpfosten flankiert. Ok, Mister Ex-Präsident Dr. Nestor Kirchner stammt

aus dieser Stadt und ist auch hier begraben.

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Unser GPS lehnt sich zurück - 200km - immer geradeaus durchs Nichts
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Sonst ist in dieser Stadt nicht viel los. Die einzige Sehenswürdigkeit – die Holzkirche der Salesianer – ist geschlossen und es sind auch keine Öffnungszeiten angegeben.

So besuchen wir das Mausoleum des früheren Präsidenten Argentiniens.

 

Am Abend gehen wir fein Essen und feiern meinen 60. Geburtstag, da wir ja nicht genau wissen, in welcher Pampa wir am 13. Dezember übernachten werden! ;o))

Río Gallegos – Magellanstrasse/Chile

Heute Montag bekommen wir den patagonischen Wind zum ersten Mal so richtig zu spüren. Auf der Fahrt Richtung chilenische Grenze passieren wir den Kratersee Laguna Azul. Aber an ein Absteigen zum See ist nicht zu denken. Der Wind bläst in einer solchen Stärke, dass das Stehen am Kraterrand unmöglich ist. 

Bei der Weiterfahrt Richtung Magellanstrasse rüttelt der Wind an unserem Camper, klappt abwechslungsweise Seitenspiegel ein oder hebt ein Dachfenster an.

Chile (12. - 13. Dezember 2016)

Magellanstrasse

 

Die Grenzabfertigung nach Chile läuft wie geschmiert. Um nach Ushuaia zu gelangen, müssen wir zuerst für 222 Kilometer Chile durchqueren.
Wir opfern ein paar Zwiebeln, etwas Salat und eine Tomate, so sind die Zöllner zufrieden. Die Kartoffeln, Poulet-Brüstchen und Äpfel haben wir noch am Vorabend gekocht ;o))

Wir kommen mittags an der Magellan-Strasse – Meerverbindung Atlantik Pazifik - an, welche nur mit einer Fähre überquert werden kann.  Da der Sturm immer noch sehr heftig ist, kann die Fähre nicht anlegen und so heisst es in der Kolonne warten, warten, warten……

Wir können es ja geniessen, schliesslich haben wir die ganze Wohnung dabei und so gibt es zum Abendessen Raclette mit argentinischem Käse! :o)) Nach 11 Stunden, kurz vor 24 Uhr geht es endlich los. Die Überfahrt ist immer noch sehr wild aber wenigstens sind wir drüben! Wir fahren noch ein paar Kilometer bis zur nächsten Tankstelle in Cerro Sombrero und verbringen dort eine ruhige Nacht.

13.12.2016

Heute werde ich mit einem Champagner-Frühstück geweckt, denn heute ist mein 60. Geburtstag! ;o))

 

Bei der Weiterfahrt Richtung Süden fällt uns sofort die veränderte Landschaft auf. Was vorher alles karg und braun-grau schien, leuchtet hier in einem saftigen Grün. Die Hügel – Cerros – sind mit Gras überwachsen, Bäche schlängeln sich in Mäanderlinien durch die Fläche und Rinder, Guanacos und Schafe grasen nebeneinander.  

Unsere Erwartungen waren das totale Gegenteil. Wir haben mit sehr karger Vegetation gerechnet und nicht mit dieser freundlichen Landschaft! Die letzten 45 km vor der argentinischen Grenze sind nochmals Naturstrasse.

Argentinien (13. - 29. Dezember 2016)

Tolhuin - Ushuaia

Die Abfertigung an der argentinischen Grenze lief wie geschmiert und keiner interessiert sich - ob wir - und wenn überhaupt - welche Keime einschleusen!  So nehmen wir den gut eingepackten Käse wieder aus dem Kehrichteimer! ;o))

Nach einem Tag in Río Grande, wo wir wieder einmal alles Notwendige erledigen, fahren wir heute Mittwoch nach Tolhuin.

Die Landschaft verändert sich laufend. Wir sind überrascht, Bäume zu sehen - ja sogar Wald. Viele Bäume sehen zwar nicht sehr gesund aus. Sie sind entweder verdorrt oder total mit Flechten überdeckt aber dazwischen wachsen auch junge grüne nach. Laut einem Einwohner aus Feuerland gibt es hier sehr viele Bieber, die ihr Unwesen treiben. Auf die Frage, warum sie Bieber nicht essen, meint er:" Die schmecken nach Holz!" ;o))

14.-19.12.2016

In Tolhuin steuern wir als erstes den Camping Hain an, denn es ist schon 19.30 Uhr. Roberto begrüsst uns mit einem Grinsen und ´Chuchichäschtli‘! Wir scheinen nicht die ersten Schweizer zu sein! :o))
Wir revanchieren uns mit einer Deutschlektion und bringen ihm das Wort ´Guggerzytli´ bei. So haben die nächsten Schweizer auch etwas zu lachen!!

 

Sein Camping ist eine wahre Wundertüte an Recycling-Kunst. Aus allem stellt er etwas her und platziert es auf seinem Camping. Wir fühlen uns hier sehr wohl und entschliessen uns, die nächsten fünf Tage zu bleiben.

19.-22.12.2016

Heute Montag setzen wir schweren Herzens unsere Reise Richtung Ushuaia fort. Es hat uns sehr gut im Camping Hain gefallen und wir konnten wieder einmal so richtig entschleunigen - vielleicht etwas zu viel!

Bis Ushuaia sind ca. 100 Kilometer zu fahren und ein kleiner Pass ist zu überqueren. Die Landschaft fasziniert uns, da sie der Schweiz ähnlich sieht - wir fühlen uns wie daheim.

Ushuaia - here we are! Unser erstes Ziel in Südamerika haben wir erreicht, ab jetzt geht’s nur noch nach Lust, Laune oder Wetter weiter ;o))

Ushuaia - die Bucht, die nach Osten sieht - ist die südlichste Stadt der Welt, liegt am Beagle Kanal und ist umringt von 1500 Meter hohen Bergen. Im 19. Jahrhundert wurden die ersten Gefangenen von der argentinischen Regierung hier in den tiefen Süden verfrachtet, weit ab von jeglicher Zivilisation. Heute zählt Ushuaia ca. 60‘000 Einwohner. Diese leben zum Teil noch in kleinen bunten, mit Wellblech beschlagenen Holzhäusern.

Wir haben Glück mit dem Wetter, es regnet nur zeitweise. Da es nicht viele Sehenswürdigkeiten hat, machen wir einen Stadtbummel. Ich darf ja meine Geburtstagsgeschenke noch einkaufen gehen ;o))

Um uns die Wartezeit bis zum Nachtessen zu verkürzen - die Argentinier essen erst um 21 Uhr - besuchen wir noch zwei Museen.

Alle Vegetarier jetzt nicht weiterlesen!!

 

Eine Spezialität in Ushuaia ist King Crab. Da diese Tiere hier sehr stark verbreitet sind, wollen wir sie auch probieren. Wir bekommen ein Lätzchen um den Hals gebunden und eine grosse Schere in die Hand gedrückt - und los geht’s!

Heute Dienstag ist der Himmel verhangen, es regnet und es ist 7° kalt. Trotzdem fahren wir für zwei Tage in den Nationalpark Tierra del Fuego.

Auf dem Naturcamping am Rio Oviando kann ich jetzt meine Geburtstagsgeschenke einweihen. Wir sitzen draussen bei 11° zum Apéro. Ein neues Schaffell und ein Glas von meinem Geburtstags-Whisky wärmen Körper und Seele. Wir bekommen Besuch von Gänsen und Raubvögeln, die sich nahe heranwagen und mit Fleisch füttern lassen.

Welcher Tag ist heute – wir wissen es nicht so genau, aber das Handy gibt Auskunft! Es ist Mittwoch der

21.12.2016 – Wandertag. Wir schauen vorsichtig raus und stellen fest, dass wir unsere Rute ändern müssen.

Die Berge um uns herum sind mit Nebel eingehüllt und so gibt es nur eine Flachland-Wanderung ;o))


Das Wetter wechselt halbstündlich und so blinzelt uns mal die Sonne entgegen, mal fallen Regentropfen. Trotzdem geniessen wir die märchenhafte Stimmung beim Durchwandern dieser Wälder. Das wäre etwas für unsere Enkel gewesen!

Am Ende der Ruta 3 geniessen wir den Ausblick auf die Lapataia Bay und den Beagle Canal. Die 1947 ausgesetzten Bieber haben sich hier mangels natürlicher Feinde stark

vermehrt und verursachen massive Baumschäden. Leider haben wir keinen Bieber gesehen - nur die Schäden, die sie hinterlassen!

Weihnachten am Ende der Welt - Ushuaia

24.-25.12.2016

Seit Donnerstag sind wir aus dem Nationalpark Tierra del Fuego zurück und haben uns auf dem Camping Río Pipo einquartiert - Treffpunkt der Camper über Weihnachten und Silvester. Langsam trudeln die verschiedenen Nationen ein, mit den unterschiedlichsten Fahrzeugen - von ganz klein bis riesig gross.

Da viele sich schon von unterwegs kennen, gibt es immer wieder ein lautes ´Hallo´. Mit ca. 36 Erwachsenen und 3 Kindern - Alter 1-70 Jahren - feiern wir Weihnachten. Nach dem Essen wird gesungen und geplaudert bis tief in die Nacht.

 

Es war schön, aber es ersetzt das Weihnachtsfest zuhause nicht. Uns haben unsere Kinder, Enkel und die ganze Familie gefehlt.

 

Nachdem die einen am Weihnachtstag etwas länger schlafen - hat wohl mit dem Alkohol zu tun - verabschieden sich die anderen schon wieder und machen sich auf die Weiterreise. Wir bleiben heute noch und freuen uns auf das ‚Lagerfeuer‘ am Abend. Alle mit etwas mehr Sitzleder versammeln sich und es wird nochmals ein sehr unterhaltsamer Abend.

Ushuaia – Lago Aguas Blancas/Tolhuin – LagoYehuin/Sierra Beauvoir – Rio Grande – Grenze nach Chile

26.-31.12.2016

Heute Montag sagen auch wir ‘Tschüss’, verlassen Ushuaia und fahren gegen Norden. Wir haben immer noch Wetterglück – die Sonne schaut immer wieder zwischen den Wolken hervor, nur leichter Wind und 15° bis 18° :o)))
Da der volle Kühlschrank noch keinen Grenzübertritt nach Chile zulässt, geniessen wir die Natur in Feuerland noch etwas. Wir steuern in Tolhuin den Park Valdez mit dem Lago Aguas Blancas an und campen wieder mal wild am See.
Nach dem Weihnachtstrubel geniessen wir die Natur und die Ruhe. Doch lange hält Roby das nicht aus auf seinem Stuhl. Der See lockt – also auf zur Umrundung! 1 ½ Std geht es dem See entlang. Wir kämpfen uns zwischen von Biebern umgenagten ‘bärtigen‘ Baumstämmen hindurch, aber leider zeigen sich die gefrässigen Vierbeiner nicht.

Am nächsten Tag biegen wir in eine Naturstrasse ein und fahren 40 km ins Landes-Innere bis zum Lago Yehuin. Auch hier zeigt sich das gleiche Bild – Wälder mit abgestorbenen ‚Lengas‘ verhangen mit ihren langen gelben Bärten. Ab und zu sehen sie aus wie Weihnachtsbäume mit Lametta und Kugeln geschmückt!

Auf der Fahrt von RÍo Grande zur chilenischen Grenze passieren wir eines der vielen ‚Pueblo Santo‘.
Grosse und kleine Häuschen werden dort für ihre Heiligen aufgestellt - z.B. Gauchito Antonio Gil - mit

Plastikblumen und Spruchbändern geschmückt sowie mit Lebensmitteln und brennenden Kerzen versorgt. So bedanken sich die einfachen Argentinier für gut überstandene Notsituationen oder bitten um Schutz oder Hilfe.

Nun ist es Zeit die Grenze nach Chile zu passieren. Alle Lebensmittel haben wir wieder gekocht, um sie nach Chile mitnehmen zu können. Der Grenzbeamte ist zufrieden und lässt uns ziehen :o)) 

Chile (29. - 31. Dezember 2016)

Parque Pingüino Rey - Porvenir

 

Von der argentinisch/chilenischen Grenze bis zu den Königs-Pinguinen - im Parque Pingüino Rey, die einzige Kolonie ausserhalb der Antarktisinseln - sind 80 km Naturstrasse zu bewältigen. Die putzigen Vögel brüten ihre Eier zwischen Bauch und Füssen aus und betreuen ihre Jungen anschliessend 13 Monate. Dafür beträgt die Lebenserwartung bis zu 25 Jahre.

Uiii, war das wieder ein holpriger Ritt!!
Von den Pinguinen bis Porvenir 120 km schlechteste Naturstrasse – ein Wunder, dass das unser Camper aushält!! Mir brummt der Schädel, aber mein Rücken ist dafür gut durchmassiert!! ;o()
Da man den Blick nicht von der Strasse nehmen kann und schnell ermüdete, ist jede halbe Stunde Fahrerwechsel.

Mit der Fähre überqueren wir zum zweiten Mal die Magellanstrasse und fahren von Porvenir nach Punta Arenas – die südlichste Stadt in Chile

Im Camping Ruta Norte treffen wir wieder auf viele Bekannte, mit denen wir schon Weihnachten gefeiert haben. Bevor wir um Mitternacht mit ‚Chlöpfmost‘ anstossen können, bestehen Noel und Ping darauf, zusammen ihr Silvesterlied ,Should all the quaintance be forgot‘ zu singen. Gut, es hat nicht so toll getönt, war aber lustig ;o))

 

WIR WÜNSCHEN ALLEN EIN FROHES NEUES JAHR - PROSIT 2017 !

Weiter geht's in Südamerika 2017